Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 93

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Tatsachen und Fakten, die damals im Hintergrund gestanden sind, nicht ganz zusam­menhängt. (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

Ein Öffentlich-Rechtlicher hat es im Moment nicht ganz einfach. Die Zeiten haben sich geändert. Erstens gibt es Einschränkungen für seinen Handlungsspielraum. Man ver­sucht natürlich, das duale System durch Regelungen bei der Balancierung in den Griff zu bekommen, aber man muss diese Problematik sehen.

Auf der anderen Seite herrscht bei vielen eine Geisteshaltung vor, in der der ORF mit einem Sport- oder Kulturministerium verwechselt wird: Ein Sportveranstalter weiß na­türlich, dass er bestimmte Sponsoren nur dann bekommt, wenn der ORF überträgt – unabhängig davon, ob die Quote entsprechend ist oder nicht; bei verschiedenen Kul­turveranstaltungen ist das ebenso.

Das ist im Prinzip okay. Man muss nur wissen, dass das alles Geld kostet, und man kann nicht so tun, als ob es nichts kostete. Es ist im Gegensatz zu früher auch bei den Werbefenstern eine Entwicklung eingetreten, die Werbungen sind mittlerweile schon im Wiener Dialekt hörbar, damit da ein gewisser engerer Konnex da ist, und vom Werbemarkt werden schon bis zu 300 Millionen € abgeschöpft; in früheren Jahren war das nicht so.

Es gibt also schon längst weder eine Sendemonopol- noch eine Empfangsmonopol­situation. Die Haushalte sind alle schon mit Antennen und Kabeln versorgt; es ist eine harte Konkurrenz. Die Einnahmensituation des ORF gestaltet sich nicht nur aus den Rundfunkgebühren, sondern auch aus den Werbeeinnahmen. Natürlich bestand auch da immer ein Bestreben nach einer Balancierung.

Nun zu den berühmten 100 Millionen €, über die jetzt immer wieder diskutiert wurde. Auch der Herr Bundeskanzler hat es heute schon gesagt: Wie bei vielen anderen Fir­men auch, hat sich die Wirtschafts- und Finanzkrise niedergeschlagen, und zwar bei den Finanzveranlagungen und natürlich bei den Werbeeinnahmen. Da müssen wir aber einmal über alle Managements aller Unternehmen – privat, staatlich, wie auch immer – diskutieren, und eigentlich in Amerika anfangen, denn dort hat das begonnen. Also sich hier herzustellen und zu sagen, es gehe jetzt um 100 Millionen wegen Miss­wirtschaft, das stimmt so nicht. Man muss sich die 100 Millionen anschauen.

Das war eben die Wirtschafts- und Finanzkrise. Das betrifft diese zwei Posten. Der eine Posten, den der Herr Bundeskanzler heute erwähnt hat – 29 Millionen € von den 100 Millionen € –, war die Finanzierung der Olympischen Spiele und der Fußball-Euro­pameisterschaft. Den Aufschrei hätte ich mir angehört, wenn man das seitens des ORF nicht in diesem umfangreichen Ausmaß geleistet hätte, wenn diese Übertragung nicht gewesen wäre! Die Europameisterschaft ist eben ein Flaggschiff, eine wichtige Sache für die ganze Region.

Das sind schon 29 von den 100. Dann bleiben noch die 10 Millionen für die Finanzie­rung des „Nachschießens“ in die Pensionskassen, was auch eine Folge der Wirt­schafts- und Finanzkrise ist. Trotzdem ist es richtig, dass man Überlegungen anstellt, sich Gedanken macht, Verbesserungen vornimmt. Der Stiftungsrat hat sich das auch vorgenommen. Meines Wissens werden sie am 2. April zusammenkommen, und die Geschäftsführung wird ein Reformkonzept vorlegen. Dann liegt es natürlich am Stif­tungsrat, ob sie das unterstützen und mitgehen.

Dahinter schwingt aber trotzdem eine grundsätzliche Frage, was nämlich den Hand­lungsspielraum und die Zukunftsperspektive eines Öffentlich-Rechtlichen zum Beispiel auch in Österreich betrifft. Dazu sage ich: Das ist ein kostbares Gut, ein Kultur- und Identitätselement. Angesichts der vielen anderen Sender und Kanäle, die zur Auswahl stehen, ist es wichtig, einen wirklich funktionierenden öffentlich-rechtlichen zu haben.


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