Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 128

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Klar ist, dass die größte Wirtschaftskrise seit 80 Jahren im Heranrollen ist, ein mittlerer Tsunami. Und man ertappt eigentlich immer mehr Entscheidungsträger dabei, wie sie auf der flachen Terrasse noch zwischen Espresso und Eislutscher hin- und herschwan­ken, anstatt dass sie sich mit ihren Maßnahmen geistig in den zweiten Stock bewegen und endlich einmal anständig gegenhalten, so gut das noch überhaupt geht.

Da ist natürlich der Staat mit seinen Maßnahmen gefordert. Was hat das jetzt alles mit diesen Budgetdingen zu tun? – Na, dass wir jetzt ein Provisorium brauchen, nach der Haushaltsrechtsreform mittlerweile sofort ein gesetzliches, das ist ja so weit unbestrit­ten. Das ist alles völlig in Ordnung. Da haben wir eine sehr konsensuale und vernünf­tige, von allen gewürdigte Debatte im Ausschuss gehabt. Aber jetzt wäre Gelegenheit, einmal hinzuschauen, was dann mit der Budgetplanung überhaupt passiert, nämlich vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrise.

Das Regierungsprogramm sieht in seinem Budgetpfad noch 2,2 Prozent Defizit des BIP für dieses Jahr vor und im nächsten Jahr – Kollege Stummvoll wird mir aushelfen – irgendwas auch nicht weit weg davon, basierend auf Wirtschaftswachstumsprognosen, die für heuer 0,0 – also nichts – voraussehen und im nächsten Jahr immerhin plus 0,8. Das ist aber Stand November. Da ist jetzt meinetwegen niemandem ein Vorwurf zu machen. Aber im Dezember und im Jänner haben verschiedene Institute, von der EU-Kommission abwärts, diese Prognosen viel dramatischer beschrieben. Und diese Bud­getpfade sind ja nicht zu halten. Darüber wollen wir einmal diskutieren.

Sie nicken. Recht so! Aber der Herr Finanzminister wurde gestern zitiert – er hat es vorgestern gesagt, bei Tageszeitungen rückgerechnet –: Nein, 2,4, und dann ist es aus. – Na gratuliere! Kann man schon auch haben wollen, da muss er aber dazusagen, wo er das dann wieder im heurigen Jahr radikal einsparen will. Entweder ist das ein Wunschprogramm und er setzt sich nicht mit der Realität auseinander. Oder: Wenn er es aber ernst meint, ist er natürlich ein Gefährlicher, was die Konjunktur- und Beschäf­tigungspolitik betrifft, denn die Erkenntnis wird sich jetzt ja wohl durchgesetzt haben, dass der Staat eine wesentliche Rolle im Gegensteuern gegen diese Krise einzuneh­men hat.

Natürlich müssen wir schauen, und zwar viel rascher, als diese beiden sogenannten Konjunkturpakete zu greifen beginnen, dass jetzt wirklich Maßnahmen in die Gänge kommen. Und da kann es nicht sein, dass man aufgrund einer völlig falsch verstande­nen Budgetdisziplin im radikalsten Abschwung, den es seit ganz langer Zeit gegeben hat, das auch noch verstärkt. Das wäre doch völlig absurd! Also muss man da jetzt lockerlassen. Die Schwierigkeit wird ja viel eher sein, dass man dann, wenn hoffentlich wieder ein Wirtschaftsaufschwung zu Stande kommt, auch wirklich gegensteuert und entsprechende Effizienzmaßnahmen vornimmt. Das ist immer schwieriger, das wissen wir schon. Da stehen wir aber auch nicht an mit Vorschlägen, da dürfen Sie uns schon etwas zutrauen.

Es ist heute der Rechnungshof genannt worden. Ja, da gibt es eine Reihe von Vor­schlägen, wo man etwas machen kann. Das ist aber nicht unser Punkt. Effizienz ist im­mer gut. Aber jetzt muss einmal erkannt werden, dass Wirtschaftspolitik in erster Linie auch Finanzpolitik ist. Da kann man nicht sozusagen jemandem, der ohnehin schon fast keine Luft bekommt, mit Abwürgen noch helfen wollen.

Sehen Sie, das ist jetzt das Problem mit dem Zitat, mit dem der Finanzminister hausie­ren geht, der sagt, man kann ja eine Krise, die durch Schulden verursacht ist, nicht mit Schulden bekämpfen. – Also so einen Unsinn habe ich seit Grasser nicht mehr gehört!

Gestern hat Herr Abgeordneter Schüssel das Gleiche noch einmal gesagt. – Ja, natür­lich ist die Krise mit verursacht oder vor allem ausgelöst worden – es gibt viele andere Ursachen auch noch; wir kennen die Systemschwächen des jetzt organisierten Kapi-


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