Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll11. Sitzung / Seite 227

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Wie Sie wissen, sind das aktive und das passive Wahlrecht verfassungsrechtlich ver­ankert. Wählbar sind gemäß Artikel 26 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes alle Männer und Frauen, die die österreichische Staatsbürgerschaft besitzen und das 19. Lebensjahr vollendet haben. Wenn die Zulassung von Listen zur Nationalratswahl und damit die Wählbarkeit der dort gelisteten Kandidatinnen und Kandidaten plötzlich auch davon abhängen soll, dass unter den BewerberInnen zumindest 40 Prozent Frau­en sind, so ist das aus verfassungsrechtlicher Sicht mehr als bedenklich.

Aber auch darüber hinaus gilt es, die Zulässigkeit einer derart strikten Quotenregelung zu hinterfragen. Artikel 141 Abs. 4 des EG-Vertrags erlaubt in Hinblick auf die effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung von Männern und Frauen im Arbeitsleben Maßnahmen zur positiven Diskriminierung. Dennoch nimmt der Europäische Gerichts­hof zur Quotenregelung eine sehr kritische Haltung ein. Er geht in ständiger Judikatur davon aus, dass nationale Regelungen, die Frauen bei Ernennungen oder Beförderun­gen absolut und unbedingt den Vorrang einräumen, über eine Förderung der Chancen­gleichheit hinausgehen und daher europarechtswidrig sind.

Eine Quotenregelung ist nur dann europarechtskonform, wenn sie eine Öffnungsklau­sel enthält, die eine objektive Beurteilung der Bewerberinnen und Bewerber, und zwar jedes einzelnen männlichen und weiblichen Bewerbers, gewährleistet, sodass die Be­rücksichtigung eines männlichen Bewerbers nicht von vornherein ausgeschlossen ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Auch darf ich Sie daran erinnern, dass der Oberste Gerichtshof im Jahr 2001 die Rege­lung des § 43 Bundes-Gleichbehandlungsgesetz als gemeinschaftsrechtswidrig qualifi­ziert hat, weil diese den Bewerberinnen bei gleicher Eignung automatisch den Vorrang einräumt, also keine Öffnungsklausel enthält.

Nun weiß ich schon, dass sich der vorliegende Antrag nicht auf die Quotenregelungen im Bereich des Arbeitslebens bezieht. Aus der angesprochenen Judikatur lässt sich aber sehr wohl ein Maßstab ableiten, an dem auch außerhalb des Arbeitslebens ange­ordnete Quotenregelungen gemessen werden sollten.

Schließlich wollen Sie auch die Klubfinanzierung dahin gehend abändern, dass die Förderung reduziert wird, wenn die Frauenquote des Klubs unter 50 Prozent liegt. Wie Sie wissen, sind es nicht die Klubs, die die Listen erstellen. Die Klubs werden hier so­mit für etwas zur Verantwortung gezogen, für das sie gar nichts können. Jemanden für etwas zur Verantwortung zu ziehen, für das er gar nicht verantwortlich ist, halte ich aber nicht nur für verantwortungslos, sondern auch aus rechtsstaatlicher Sicht für äußerst bedenklich. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Riepl: Das ist schön gesagt!)

Hinzu kommt auch noch, dass nach § 7 der Nationalratsgeschäftsordnung die Abge­ordneten derselben wahlwerbenden Partei lediglich das Recht, aber keine Pflicht haben, sich in einem Klub zusammenzuschließen. All das bleibt unberücksichtigt.

Ein derart undurchdachter Antrag verdient keinesfalls Zustimmung. – Danke. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

20.04


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Meine sehr geehrten Damen und Herren, es wurde eine Brille gefunden; sie ist hier bei mir abzuholen. Ich zeige sie hier, obwohl sie der­jenige oder diejenige, dem oder der sie abgeht, ohnehin nicht sieht.

Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Belakowitsch-Jenewein. Ge­wünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


20.04.32

Abgeordnete Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein (FPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Im Gegensatz zu meiner Vorrednerin überrascht mich dieser Antrag nicht beson-


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