Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll18. Sitzung / Seite 72

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Ich sage Ihnen abschließend: Diese Ihre Politik, das, was Sie sich parteipolitisch in Sa­chen ORF ausgemauschelt haben, wird das Ziel sein, das wir bekämpfen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

14.10


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

 


14.10.56

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Josef Cap, das war heute wahrscheinlich eine der schwierigeren Reden, nehme ich an, in den letzten Jahren. Wir kennen uns ja aus der ORF-Debatte bereits seit geraumer Zeit, und ich kann mir gut vorstellen, wie Josef Cap diese Rede gehalten hätte, wäre das nicht eine rot-schwarze Regierung gewesen, sondern eine schwarz-blaue Regierung, die dieses Gesetz vorbereitet hätte. Da wäre getobt worden – mit Recht getobt worden –, da wäre darauf aufmerksam gemacht worden, was da an Zugriff auf den ORF geplant ist, und es wäre all das ausgebreitet worden, was in den Jahren davor geschehen ist.

Das ist, glaube ich, auch der Punkt, wo wir unser größtes Problem mit Bundeskanzler Faymann haben, nämlich mit seinem Begriff von unabhängiger Berichterstattung.

Ich möchte noch einmal auf das zurückkommen, was war, bevor die Situation im ORF erstmals eskaliert ist, nämlich im Jahr 2006, als dann die Ära Lindner/Mück beendet worden ist. Wer kann sich nicht noch an diesen ominösen und berühmten Auftritt erin­nern, den der Herr Bundeskanzler bei den „Sommergesprächen“ geliefert hat?

Für die Leute zu Hause zur Erinnerung: Da gab es den Herrn Jelinek, der diese „Som­mergespräche“ moderiert hat, und damit der Bundeskanzler richtig ins Bild kommt, ist der Sessel, der bei diesen „Sommergesprächen“ Verwendung fand, mit dem Auto vom Küniglberg zum Herrn Bundeskanzler geführt worden – wohlgemerkt vom Herrn Jeli­nek persönlich –, und es wurde eine Sitzprobe gemacht und geschaut, ob der Bundes­kanzler eh richtig ins Bild kommt. Und ich glaube, dass wir uns mit Recht darüber aufgeregt haben, dass das mit unabhängiger Berichterstattung nichts zu tun hat. (Bei­fall bei den Grünen. – Abg. Strache: Das war der Kanzler Schüssel damals, gell?) – Schüssel war das, ja, ja.

Und wenn man eines konstatieren, eines feststellen kann nach dieser Änderung im Jahr 2006, dann war es das, dass eine willfährige Berichterstattung in Richtung einer Partei in dieser Form, glaube ich, nicht mehr stattgefunden hat. Man kann ja viel sa­gen, aber dass Gusenbauer, der damals ja auch als Mitarchitekt dafür kritisiert bezie­hungsweise genannt worden ist, in den letzten zwei Jahren eine besondere Schonung durch den ORF erfahren hätte, das kann, glaube ich, nicht einmal jemand von der Op­position behaupten. Man erinnere sich nur an den „Report“ mit dem Sager – wie war das?; aber lassen wir das! (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: „Suderei“!) –, mit dem „Gesudere“. All das hat der ORF aufgedeckt, das muss man schon dazusagen.

Man muss sich einmal vorstellen, ob das unter Schüssel möglich gewesen wäre, dass irgendjemand vom ORF einen solchen Sager ins Programm nimmt, wenn ihn Schüssel damals getätigt hätte. Das wäre damals unmöglich gewesen, dass so etwas auch nur ansatzweise den Weg in den ORF gefunden hätte. Und das war die Qualität, die sich verändert hat – bei aller Kritik, die es jetzt an dem ORF noch immer gibt. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler Faymann, ich finde Ihre Form von Medienpolitik ziemlich bedenk­lich. Schauen wir uns an: Was haben Sie in den letzten Jahren gemacht? Sie sind je­ner Minister gewesen – und das war erstmalig seit vielen Jahren so –, der bei den Wer­beausgaben seines Ministeriums sogar den Bundeskanzler übertroffen hat. (Abg. Stra­che: Millionen an die Zeitung „ÖSTERREICH“, damit die nicht in Konkurs gehen müs­sen!) Ministerien haben eine unsägliche Praxis, Berichterstattung zu beeinflussen. Das


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