Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 94

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„Die Bundesregierung, insbesondere der Bundesminister für Finanzen, wird aufge­fordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage vorzulegen, die eine faire Besteue­rung von Privatstiftungen (Vermögen und/oder Erträge) mit einem Aufkommen von ca. 400 Mio. Euro zum Ziel hat, um Engpässe und Missstände in wichtigen Bereichen wie Aus- und Umbau von Kindergärten, Schulen und Universitäten zu beseitigen.

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Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt Herr Bundeskanzler Faymann. – Bitte.

 


11.20.35

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Regie­rungsmitglieder! Sehr verehrte Damen und Herren! Ich möchte nur zum Abgeordneten Kogler, der hier eine sehr ernste Frage angesprochen hat, die uns noch länger als das jetzige Budget beschäftigen wird, nämlich die Frage: Wie würde denn ein gerechtes Steuersystem aussehen, in dem alle den Beitrag leisten, zu dem sie imstande sind?, etwas sagen: Man soll nicht eine Diskussion führen, in der man plötzlich Mittelschich­ten belastet, sondern wirklich eine Diskussion führen, wie dieses Steuersystem gerech­ter werden kann.

Das halte ich für eine sehr ernsthafte Debatte. Ich glaube auch, dass wir diese Diskus­sion nicht so darstellen sollten, als würden wir für jene Defizite, die in den nächsten Jahren oder in den nächsten beiden Jahren gemacht werden, einfach eine Steuer ein­führen können.

Wenn Sie selbst von einer Erwartungshaltung von 1 Milliarde € sprechen, dann darf ich Sie erinnern, das sind ungefähr 0,4 Prozent Defizit. (Abg. Mag. Kogler: Das ist auch ein Beitrag!)

Also, dass man 3, 4 oder 5 Prozent Defizit mit 0,4 Prozent Defizit ausgleicht, das soll­ten wir der Bevölkerung erst gar nicht versprechen. (Abg. Mag. Kogler: Das behauptet ja niemand! – Zwischenrufe der Abgeordneten Mag. Lunacek und Bucher.)

Daher glaube ich, dass die Formulierung – wir werden eine gerechte Steuer (Abg. Grosz: Steiermarksteuer!) dafür brauchen, wenn wir das dann alles zurückbezahlen – schon vom Umfang der Einnahmen her in keinem Verhältnis steht.

Ich halte es daher für eine sehr ernsthafte Debatte, zu sagen: Es sollen nicht die Ärms­ten in einer Gesellschaft herangezogen werden. Ich möchte nur darauf verweisen, dass 2,7 Millionen keine Lohn- und Einkommensteuer zahlen. Durch diese Tarifsen­kung, die wir derzeit durchführen, gehören zusätzlich 160 000 Menschen in die Gruppe jener, die keine Steuern bezahlen. Wir haben im Vorjahr gemeinsam mit dem Streichen der Arbeitslosenversicherungsbeiträge gerade für jene, die so geringe Einkommen ha­ben, dass sie keine Lohn- und Einkommensteuer bezahlen, eine zusätzliche Erleichte­rung geschaffen; leider nicht für alle. Es gibt durchaus Gruppen, die von dem nicht betroffen waren und auch zu den Schwächsten der Gesellschaft gehören – aber doch für einen guten Teil.

Warum ist mir das so wichtig? – Weil die soziale Balance in der Gesellschaft tatsäch­lich so etwas wie einen Grundwert in unserem Land darstellt. Vergleicht man das mit anderen Ländern der Welt, aber auch Europas, dann ist dieses Ringen um soziale Gerechtigkeit, soziale Netze, soziale Sicherheiten, sozialen Ausgleich ein Wert. Das ist ein Wert, der für die Menschen in unserem Land große Bedeutung hat, ein gesell­schaftspolitisch sehr großer Wert, und das ist auch einer, der als Standortfaktor durch­aus als wirtschaftlich berechenbarer Wert unverzichtbar ist. Daher finde ich, jeder, der eine Diskussion führt, um diesen Wert des sozialen Ausgleichs darzustellen, beteiligt


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