Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll21. Sitzung / Seite 202

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Wir hatten am Beispiel ÖH-Wahl tatsächlich die Möglichkeit, ein System im Einsatz, in der Realität zu erproben, um damit vielleicht auch festzustellen, ob es für Systeme, die auch gesetzgebende Körperschaften betreffen, geeignet wäre. Dieses Experiment ist mangels einer schlechten und nicht vernünftigen Vorbereitung gescheitert. – Schon die Ausschreibung ist mehr als hinterfragenswürdig: Allein die Tatsache, dass hier auch alternative Systeme, die durchaus angeboten wurden, nicht zum Zug kamen, ist zu hin­terfragen. (Präsident Neugebauer übernimmt den Vorsitz.)

Faktum ist, das System ist gescheitert. Aber was ist nun zu tun? – Wir appellieren je­denfalls, das E-Voting sofort zu stoppen, insbesondere auch im Hinblick auf die damit verbundenen und noch zu erwartenden Kosten. In der Anfragebeantwortung müssen wir zur Kenntnis nehmen, dass eine Kostenabschätzung vonseiten der Regierung gar nicht möglich ist. Darin wird lapidar Folgendes festgestellt:

„Da es sich um ein neues technisch-wissenschaftliches Projekt handelt, (...) ist eine ge­naue Kostenabschätzung derzeit leider (...) nicht möglich.“

Allein die Kosten, die bisher durch das Auswahlverfahren verursacht wurden, allein die Kosten, die jetzt schon zu Buche stehen – eine Werbekampagne mit Kosten in der Höhe von 140 000 €, die Kosten für die Lesegeräte, für die Homepage, für die Frei­schaltungen, allein die Kosten für die Rechte, die der privaten Firma abgegolten wer­den müssen –, sind exorbitant und stehen in keiner Relation zum tatsächlichen Erfolg. Und ich ersuche, auch und vor allem den Systemabsturz, der uns in der Anfragebeant­wortung noch als unmöglich dargestellt wurde, weil man sozusagen darüber hinaus ein alternatives System installiert hatte, mehr als zu hinterfragen. Ich verlange, dass von­seiten der Bundesregierung die Kosten, die diese private Firma dafür verrechnet hat, hinterfragt und überprüft werden.

Im Großen und Ganzen kann man es so zusammenfassen: E-Voting wäre eine Berei­cherung gewesen, um die Wahlbeteiligung zu steigern, es ist aber dilettantisch vorbe­reitet worden und kräftig „in die Hose gegangen“. Damit können wir, so glaube ich, die­ses System für zukünftige Wahlen zu demokratischen Einrichtungen, gesetzgebenden Körperschaften in Österreich vergessen. (Beifall beim BZÖ.)

17.03


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte. (Abg. Öllinger – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Dr. Grü­newald –: Jetzt erklär das kurz, bitte!)

 


17.03.43

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Das mit dem Erklären ist so eine Sache. Hand aufs Herz, wer kennt jeden Chip seines PCs mit all seinen Signalen und Vernetzungen bis ins letzte Winkerl? – Da dürften jetzt nicht viele aufzeigen. Das heißt, man verlässt sich auf Kronzeugen.

Aber ich glaube, es macht einen Unterschied, ob man Kronzeugen beruft, die mit dem Projekt beschäftigt sind, an einem Projekt etwa über Gutachten verdienen, oder ob die Kronzeugen, wie ich heute höre – und das waren sehr gute und logische Argumente von den Kollegen Musiol und Wittmann –, sogar aus dem amerikanischen Verteidi­gungsressort kommen, Verfassungsjuristen des Government von Finnland oder hervor­ragende Juristen für Verfassungsrecht in Österreich in höchsten Positionen sind – da glaube ich wirklich den Kritikern.

Und wenn bei Wahlen selbst nur eine Fifty-fifty-Situation von Pro und Kontra existieren sollte – ich sage: sollte! –, ist man gut beraten, sich die Sache zwei- oder gar dreimal zu überlegen. Wenn die OECD Beobachter, und darunter auch solche aus unserem Haus, zu Wahlen in Nachfolgestaaten schickt und diese in vielen Punkten das kritisie-


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