Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung / Seite 128

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Herr Abgeordneter Dr. Hübner mit 7 Minuten gewünschter Redezeit zu Wort. – Bitte.

 


16.05.58

Abgeordneter Dr. Johannes Hübner (FPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Frau Kollegin Lunacek hat uns bei der Begründung ihrer Anfrage – soweit ich richtig mitgezählt habe – acht Mal erklärt, dass wir etwas nicht verstehen, dass etwas jeder weiß, dass wir das endgültig verstehen sollten, dass wir es alle verstehen sollten oder dass wir endlich einmal nachlesen sollten.

Was immer sie da alles versteht, will ich jetzt nicht hinterfragen! Einen Punkt verstehe ich allerdings bei dieser Debatte tatsächlich nicht, nämlich warum sich ÖVP und SPÖ in seltener Einigkeit um eine Debatte zur Person des Kommissionspräsidenten „schrauben“. Noch weniger verstehe ich die Argumentation dazu.

Herr Klubobmann Cap hat uns gesagt, er könnte sich einen Besseren als Barroso vor­stellen. – Wenn ich mir allerdings einen Besseren vorstellen kann, dann versuche ich auch eine Diskussion darüber zu führen, wer besser ist! – Begründet hat er das damit, dass man nicht darüber reden darf, weil man auf der einen Seite die Probleme nicht personalisieren soll und auf der anderen Seite der Kommissionspräsident eigentlich ganz unwichtig wäre.

Kollegin Plassnik hat zur Frage einer Wahl überhaupt gemeint, dass man bei einer Wahl nicht Feindbilder suchen, sondern, ich glaube, das Verbindende herstellen solle. (Zwischenruf der Abg. Dr. Plassnik.) – Ich meine, es ist im Wesentlichen nicht Charak­ter einer Wahl, dass man verhindert, Feindbilder zu suchen, um das Verbindende her­zustellen! – Bei einer Wahl besteht normalerweise eine Auswahl zwischen mehreren Personen und Kandidaten, und man trifft dann diese Auswahl. Man kann aber doch eine Wahl nicht schon deswegen abblocken, weil es keine Feindbilder geben darf!

Die Kommission ist natürlich – um das Cap-Beispiel zu zitieren – in Wirklichkeit mächti­ger als der französische Staatspräsident. (Abg. Großruck: Sarkozy ist wahrscheinlich nicht Ihrer Meinung!) Nicht der Präsident ad personam, aber die Kommission an sich hat bedeutend weitere Kompetenzen als der französische Staatspräsident, der dieses exklusive Initiativrecht in Gesetzesfragen zum Beispiel nicht hat und der in hohem Aus­maß auf das Parlament angewiesen ist. Es gibt zwar diese Kohabitationsbeispiele, das ist jedoch eine sehr wackelige Angelegenheit. Die Stellung des französischen Parla­ments ist viel stärker als die des Europäischen Parlaments.

Ich gebe aber durchaus zu – das ist ein richtiger Ansatz des Herrn Bundeskanzlers –, dass in der Verfassungswirklichkeit kein Kommissionspräsident gegen die mächtigen Staaten regieren kann, vor allem, wenn er an eine Wiederwahl auch nur zu denken glaubt.

Insoweit steckt schon ein Körnchen Wahrheit darin, dass der Kommissionspräsident die Staaten beachten muss, aber die Kommission ist von ihrem Verfassungsaufbau – im Vergleich zu vergleichbaren Verfassungen einzelner europäischer Nationalstaaten – beispielloser Weise mächtig und vom Parlament unabhängig, und deswegen ist auch die Person, die die Kommission nach außen vertritt und personalisiert, wichtig.

Deswegen sollten wir selbstverständlich eine Diskussion über diese Person führen. Wir sollten als kleines Österreich den kleinen Beitrag, den wir leisten können, tatsächlich leisten, und jenen vorschlagen, den wir als Bestgeeigneten sehen, und nicht irgendje­manden, um Feindbilder zu vermeiden, indem wir sagen: Wählen wir halt Barroso, das ist eh nicht so wichtig! – Das ist nämlich sicherlich nicht der Fall!

Zur Person Barroso: Es gibt einige Gründe, ihn nicht wiederzubestellen, keine Frage. Wir haben dafür vielleicht etwas andere Gründe als die Grünen, ihn nicht als den Bes­ten anzusehen. In einigen Dingen sind wir uns alle einig, etwa betreffend sein Eintreten


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