Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll27. Sitzung / Seite 139

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Und eine Bitte an den Herrn Bundeskanzler: Sprechen Sie vom Europa der Mitglied­staaten, nicht vom Europa der Nationalstaaten. Die Europäische Union ist dazu da, die Nationalstaatlichkeit Europas zu überwinden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)

16.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Dr. Fich­tenbauer mit gewünschten 7 Minuten. – Bitte.

 


16.40.58

Abgeordneter Dr. Peter Fichtenbauer (FPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundeskanzler! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Die letzte Bemerkung des wohl auch kommissionsministrablen Kollegen Dr. Bartenstein lässt mich gleich wie das berühmte Kavalleriepferd, das das Signal hört, hochfahren. Das ist nicht die Kon­zeption, die Verdrängung der Nationalstaaten oder gar deren Beseitigung (Beifall bei der FPÖ), denn diese Schimäre, den europäischen Einheitsbrei durch Beseitigung der Mitgliedstaaten, die derzeit durchaus Nationalstaaten sind, zu verändern, ist eine auf die durchgehende Beseitigung des Schutzmechanismus der Bürgerrechte gerichtete Option. In der Realität sind es nämlich nach wie vor die Nationalstaaten, und nur diese, die die Grund- und Freiheitsrechte der Bürger schützen und rechtsstaatlich als Schutz­mechanismus befürworten oder bewahren, nicht die Europäische Union! (Beifall bei der FPÖ.)

Bei dieser Gelegenheit möchte ich das Licht auf eine Institution der EU werfen, die eigentlich im Schatten existiert, die aber nach meinem Dafürhalten – unter Hinweis auch auf die Absenkung der Machtaspekte, die der Kommission zuzumessen sind, die der Herr Bundeskanzler meines Erachtens nicht ganz richtig zum Ausdruck gebracht hat – die mächtigste Institution ist: Es handelt sich um den Europäischen Gerichtshof.

Der Europäische Gerichtshof, der natürlich nicht im Scheinwerferlicht der Betrachter der EU-Institutionen steht, ist – ich habe das schon im Hauptausschuss anlässlich der Frage der Bestellung von Frau Dr. Berger gesagt – in Wahrheit die mächtigste und am wenigsten kontrollierte Institution. Und ich verweise auf die sehr richtige kritische Äuße­rung, die der ehemalige Bundeskanzler Dr. Schüssel vor vier Jahren gemacht hat, wo­für er ungerechtfertigt gescholten worden ist, und die äußerst fundierte Kritik, die der ehemalige Bundespräsident Dr. Herzog in der „Frankfurter Allgemeinen“ im Septem­ber 2008 geäußert hat.

Der EuGH ist die Verkörperung des Abganges, sage ich jetzt einmal, vom Prinzip der Rechtsherrschaft hinüber zum Richterrecht. Und ich empfehle allen, die darüber reflek­tieren mögen, dass dadurch kein rechtsstaatlich inkohärenter Zustand bestünde, eine leider anstrengende vertiefte Betrachtung rechtsphilosophischer Prinzipien, denn Rich­terrecht ist losgelöst vom gesatzten Recht, existiert unkontrolliert und ist eine Herr­schaftsform, die außerhalb des Verfassungsbogens – ich zitiere Khol – steht. (Beifall bei der FPÖ.)

Die Rechtsprechungstätigkeit des EuGH löst sich de facto vom Wortlaut der EU-Ver­tragsrechtslage, ist in nachvollziehbarer Weise vielfältig ein – verzeihen Sie dieses Vo­kabel – Follow-up-Instrument von mächtigen Lobbys, die nur hinter den Kulissen agie­ren, erzeugt neue Rechtslagen, die von der Vertragslage nicht gedeckt sind, und inter­pretiert auf unkontrollierte Weise Richtlinien, an die die Rechtsprechung der Mitglied­staaten gebunden ist.

Und das ist ein extrem bedenklicher Zustand (Beifall bei der FPÖ), ein Zustand, der ab­seits der EU-Vertragsrechtslage erzeugt wird, dem es schon längst entgegenzutreten gilt!

Ceterum censeo: Wir sind gegen Barroso – aus mehreren Gründen, die nicht immer deckungsgleich sein müssen mit jenen, die den heutigen Antrag untermalen. Es genügt


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