Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 83

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Apropos Ganztagsschule, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Schule hat ganz einfach, das müssen wir zur Kenntnis nehmen, zusätzliche neue Aufgaben zu er­füllen, ob man das wahrhaben will oder nicht. Es werden der Schule neue Aufgaben überantwortet, unsere Gesellschaft verändert sich, und daher hat die Schule auch so­ziale Verantwortung wahrzunehmen. Daher lehne ich es ab, nur zu betreuen. Ich mei­ne auch nicht bewahren, schon gar nicht aufbewahren, sondern bilden, um sich zu be­währen, damit sich unsere Jugend in Zukunft aufgrund eines hervorragenden Schul­systems bewähren kann. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.59


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Ing. Lugar. – Bitte.

 


13.00.09

Abgeordneter Ing. Robert Lugar (BZÖ): Hohes Haus! Im Sommer 2008 haben in einer Schule in Fohnsdorf – das ist in der Steiermark; für die, die es nicht wissen soll­ten – vier Mädchen einen Lehrer mit einer Plastikflasche beworfen, ihn anschließend attackiert, ihn getreten und dann auch noch versucht, ihn zu bemalen. Der Lehrer ist in einen angrenzenden Raum geflüchtet, hat sich dort verbarrikadiert und wollte nicht mehr herauskommen, bis der Schulwart gekommen ist und die Tür aufgebrochen hat. So verängstigt war der Lehrer.

Dieser Fall ist etwas skurril, aber leider kein Einzelfall. Wir müssen erleben, dass in österreichischen Schulen Respekt, Ordnung, Disziplin Fremdwörter sind. Wir haben eine Entwicklung, wo das Aggressionspotential von Kindern und von Schülern immer größer wird.

Vor nicht allzu langer Zeit ist ein Schüler vor dem Richter gestanden, nachdem er einen Mitschüler brutal schwer verletzt hat. Der Richter hat ihn gefragt, warum er auf den wehrlos am Boden liegenden Mitschüler mit Anlauf mit dem Fuß eingetreten hat, und der Schüler hat zu ihm gesagt: Zu dem Zeitpunkt habe ich nicht darüber nachge­dacht.

Solch eine Grenze würde wahrscheinlich von niemandem von uns überschritten wer­den, aber wir leben leider in einer Gesellschaft, in der den Kindern keine Grenzen mehr aufgezeigt werden. Es gibt keine Grenzen mehr, und daran ist sicher auch der Irrweg der antiautoritären Erziehung schuld. Diese antiautoritäre Erziehung ist in Wirklichkeit gar keine Erziehung, denn eine Erziehung ohne Autorität gibt es gar nicht. Das heißt, dieser Begriff ist an sich schon nicht richtig. Das wird deutlich, wenn ich mir noch zu­sätzlich ansehe, was die Eltern dieser vier Mädchen nach diesem schrecklichen Vorfall gesagt haben. Die haben gesagt: Ja, ja, die Kinder wollten sich eine Gaudi machen, und das ist dann halt etwas eskaliert. – Das ist Ausfluss dieser antiautoritären Erzie­hung – wahrscheinlich auch schon bei den Eltern –, dass sie die Dinge so liberal und unkritisch sehen.

Das heißt, wir brauchen wieder mehr Respekt, wir brauchen wieder mehr Disziplin – auch in unseren Klassenzimmern. Wenn ein Lehrer in Österreich im Durchschnitt 10 Minuten braucht – im Durchschnitt! –, um Ruhe in die Klasse zu bringen, wenn er also von seinen 50 Minuten, in denen er normalerweise Wissen vermitteln sollte, schon 10 Minuten braucht, um überhaupt Ruhe in die Klasse zu bringen – in manchen Klas­sen funktioniert das während des ganzen Unterrichts nicht –, dann frage ich mich: Wie will man in einer Klasse, in der nicht einmal ein Mindestmaß an Ruhe und Ordnung herrscht, entsprechende Inhalte vermitteln? Wie soll das funktionieren?

Die nächste Frage ist: Wie kommt ein Schüler dazu, der ordentlich lernen will, der et­was aus seinem Leben machen will, der in dieser Klasse sitzt und nichts mitbekommt, weil die Unruhe dermaßen groß ist, dass man nicht am Unterricht teilhaben kann? Wie kommt der dazu? (Präsident Dr. Graf übernimmt den Vorsitz.)

 


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