Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 221

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Das Landesgericht für Strafsachen Wien wird für die Aufhebung dieser Urteile bezie­hungsweise für deklarative Beschlüsse zuständig sein. Es soll ein Versöhnungsbeirat eingerichtet werden, der beratend zur Stelle sein und zu den einzelnen Anträgen Stel­lung beziehen soll.

Sehr geehrte Damen und Herren, mit diesem Gesetz wird Rechtssicherheit und Rechtsklarheit geschaffen. Man weiß natürlich nicht mehr, wie viele Personen noch am Leben sind, die von diesen Aufhebungen betroffen sind. Natürlich ist dieses Gesetz mehr symbolisch, und es ist, glaube ich, auch sehr, sehr wichtig für die Nachfahren der Betroffenen.

Eines muss man natürlich schon auch betonen: Durch dieses Gesetz sollen die Solda­ten des Zweiten Weltkrieges nicht herabgewürdigt werden. Natürlich haben viele ge­glaubt, ihre Pflicht zu tun, und nur allzu oft wurden Tapferkeit und Vaterlandsliebe miss­braucht.

Aber es ist so: Österreich war zwar Opfer des Nationalsozialismus, aber es gab viele Österreicherinnen und Österreicher, die sich mitschuldig gemacht haben. Das Be­wusstsein darüber ist eine der Grundlagen für dieses Gesetz. Dieses Bewusstsein muss weiter gefördert werden.

Meine Damen und Herren Abgeordneten! Paragraphen ändern die Herzen der Men­schen nicht – aber sie ändern das Wissen und die Auseinandersetzung mit der eige­nen Geschichte. – Danke vielmals. (Beifall bei ÖVP und SPÖ sowie den Grünen.)

21.07


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Wein­zinger zu Wort. Ich stelle die Uhr auf gewünschte 4 Minuten. – Bitte.

 


21.07.53

Abgeordneter Lutz Weinzinger (FPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Jetzt haben wir viele juristische, rechtliche, sehr gescheite, zum Teil sehr emo­tionelle Stellungnahmen zu diesem neuen Gesetz gehört und auch das Bedauern, dass zwei Parteien nicht zustimmen können, und zwar aus einem einzigen Grund: aus dem Grund des General-Freispruches aller Deserteure.

Sie wissen natürlich und sehen auch, dass ich schon zu den Älteren dieses Hauses gehöre. Ich hatte das Glück, in meinem Leben seit frühester Jugend mit sehr vielen Soldaten der verschiedensten Dienstgrade sogar noch des Ersten Weltkrieges und des Zweiten Weltkrieges zu reden. Und der eine oder andere von Ihnen wird wissen, dass ich bis vor wenigen Monaten mit großer Begeisterung Milizsoldat beim österreichischen Bundesheer war.

Was ich an Schicksalen gehört habe, vor allem von den Soldaten des Zweiten Welt­krieges, war oft ungeheuer erschütternd! Natürlich haben die meisten das Unrechtssys­tem verurteilt, das damals geherrscht hat und dem sie oft nicht entkommen konnten.

Aber sie haben noch etwas verurteilt: Sie haben sehr oft die Deserteure verurteilt, weil sie darunter gelitten haben. Einerseits haben sie darunter gelitten, dass sie Kameraden verloren haben, auf die sie sich völlig verlassen haben – denn sie mussten sich auf sie verlassen –, und auf der anderen Seite konnte der eine oder andere davon berichten, dass anschließend auf jenen Frontabschnitt, auf jene Stellung oder auf jene Deckung, die bisher nicht bekannt war, geschossen wurde, mit Steilfeuerwaffen oder Ähnlichem.

Ich weiß nicht, ob wir es unserer älteren Generation – soweit sie noch lebt –, die im Krieg war, zumuten können, dass ihre Republik Österreich, an deren Aufbau sie voll mitgearbeitet hat, dass ihr Heimatland auf einmal jene, die sie nicht mochten und die sie verantwortlich machten – nicht alle, aber viele – für schlechte Ergebnisse, nennen wir es einmal so, nun durch die Bank alle rehabilitiert.

 


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