Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 224

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rum, bei Urteilen, die ungerecht waren und jene diskriminiert haben, die diesen Urteilen unterworfen waren, den Ruf wiederherzustellen. (Abg. Mag. Stefan: Das Urteil war doch schon aufgehoben! Das ist ja 60 Jahre her!) Das heißt nicht, jemandem ein Recht zu nehmen, sondern jenen ein Recht zu geben, die einem Unrechtsurteil unterlegen sind. (Abg. Mag. Stefan: Sie sind schon aufgehoben, diese Urteile! Die sind schon seit 1946 aufgehoben!)

Ich glaube, da ist ein ganz gewaltiger Unterschied, und ich glaube, man kann das nicht gegeneinander ausspielen, sondern denen, denen ein Unrecht passiert ist, erteilen wir mit diesem Gesetz wieder die Rehabilitierung und die Herstellung ihres normalen Rechtszustandes, der ihnen zusteht. Ich glaube, diesen Denkansatz möchte ich eigent­lich zurückweisen (Abg. Mag. Stefan: Die sind ja schon aufgehoben gewesen!), weil ich glaube, dass es darum geht, jene Leute zu rehabilitieren, die Opfer eines Unrechts­urteils geworden sind und einen Akt des Widerstandes gesetzt haben, und nicht da­rum, jene zu diskriminieren, die bis zum Ende des Krieges in der Armee verblieben sind. Die wurden ja auch nicht diskriminiert, sondern es wurden jene diskriminiert, die einen Widerstandsakt gesetzt haben, die einen Desertionsakt gesetzt haben und die eine Verurteilung gehabt haben. Die muss man wieder rehabilitieren, die muss man endgültig von diesen Unrechtsurteilen loslösen und ihnen volle Rehabilitation gewähr­leisten.

Ich möchte mich ganz besonders bei unserer Frau Präsidentin Mag. Prammer bedan­ken, die treibende Kraft für dieses Gesetz war und ganz maßgeblich daran mitgewirkt hat, dass dieses Gesetz zustande gekommen ist und jetzt ein Schlussstrich unter diese grauenvolle Zeit gezogen werden kann. Ich glaube, es ist angebracht, allen jenen Hochachtung zu zollen, die einen Akt des Widerstandes gegen ein derartiges Un­rechtsregime gesetzt haben. Ich glaube, dass das Inkrafttreten mit 1. Dezember 2009 keinen Tag zu früh erfolgt, und ich bin froh darüber, dass wir hier zu einer mehrheitli­chen Verständigung gekommen sind. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

21.20


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Dr. Walser gelangt nunmehr zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 5 Minuten. – Bitte.

 


21.20.23

Abgeordneter Dr. Harald Walser (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Her­ren! Wir erleben heute einen historischen Moment hier in diesem Hohen Haus. Dieses Gesetz zieht auch einen Schlussstrich unter einen unsäglichen Umgang mit der Ver­gangenheit, den es in dieser Republik nach 1945 auch gegeben hat, einen Umgang, der davon ausgegangen ist, dass Österreich das erste Opfer war, einen Umgang, der ausgeklammert hat, dass Österreich auch einen Anteil am nationalsozialistischen Ver­brecherregime gehabt hat.

Wir geben heute unter anderem Deserteuren die Ehre wieder zurück, auch solchen wie Richard Wadani beispielsweise, die nicht verurteilt worden sind. Menschen, die nach 1945, statt für ihre Tat Anerkennung zu finden, missachtet wurden, beschimpft wurden. Ich könnte Ihnen da sehr, sehr viele Beispiele erzählen, weil ich mich in Vorarlberg sel­ber mit dieser Materie auseinandergesetzt habe.

Ich habe die jetzige Diskussion als sehr, sehr wohltuend empfunden. Ich möchte mich auch ausdrücklich bei den beiden Rechtsparteien bedanken, denn es ist nicht selbst­verständlich, dass wir eine Diskussion über diese Materie in dieser sachlichen Form abführen. Ich habe das in diesem Hohen Haus leider auch schon anders erlebt. Ich glaube, hier sind Argumente aufeinandergeprallt, über die man diskutieren kann. Wenn ich an die Art und Weise denke, wie Kollege Fichtenbauer, Kollege Scheibner oder Kol­lege Stefan argumentiert haben, kann ich da logischerweise nicht mit. Ich möchte je-


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