Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 226

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FPÖ und BZÖ könnten sich auch noch in den letzten Minuten einen Ruck geben mitzu­stimmen, und dazu könnte vielleicht beitragen, dass ich darauf hinweise, dass sowohl Kollege Weinzinger als auch Kollege Wittmann in ihren Reden insofern einem Denk­fehler unterlagen, als sie meinten, wir würden jetzt die Urteile wegen Desertion aufhe­ben. Liebe Kollegen! Das ist bereits im Jahr 1945 geschehen. (Abg. Scheibner: Dazu würden wir das Gesetz nicht brauchen!) Sämtliche Urteile wegen Desertion und alle zugehörigen Mischurteile wurden bereits 1945 aufgehoben. Das Einzige, was übrig bleibt oder blieb, war, dass diese Urteile auch im Nachhinein noch einmal einer mög­lichen Überprüfung unterlagen. Jetzt kommt hier eine generelle Rehabilitierung zum Tragen.

Meine geschätzten Kolleginnen und Kollegen, es ist grundsätzlich richtig, dass im justi­ziellen Bereich immer die Würdigung der Umstände des Einzelfalles zu gelten hat. Was waren das jedoch damals für Gerichte? Ich glaube, man muss Ausnahmen machen, wenn ein Reichsgericht Kriegsverrat, schon damals rechtsbeugend, auf Zivilpersonen ausgedehnt hat, die einfach politischen Widerstand geleistet haben, es Frauen zur Zwangssterilisation und Schwangerschaftsabbrüchen zwang, wenn also derartige Un­rechtsgerichte Urteile sprachen. Ich glaube, das rechtfertigt auch, in diesen wenigen, kleinen Einzelfällen von der Würdigung der Umstände des Einzelfalles abzurücken und das einzige Richtige zu tun, nämlich sämtliche Urteile dieser Unrechtsjustiz endgültig aufzuheben und alle davon Betroffenen endgültig zu rehabilitieren. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

21.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Herr Abgeordneter Karl Öllinger gelangt nun zu Wort. – Bitte.

 


21.29.24

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Dank, vor allem an die Initiatoren, ist ja schon mehrmals ausgesprochen worden. Ich wiederhole ihn gerne.

Ich danke auch allen, die sich an dieser Diskussion beteiligt haben beziehungsweise zu diesem Beschluss beigetragen haben. Es wurde auch schon von einigen Rednerin­nen, Rednern bemerkt, dass die Atmosphäre, in der diese Diskussion stattfindet, eine besondere ist. – Ja, das kann ich auch feststellen, und ich ziehe auch meine Schlüsse daraus: Warum ist diese Diskussion im Unterschied zu vielen anderen, die wir in ähnli­chen Fragen hatten, auf einmal eine besondere?

Meine Schlussfolgerung ist: Zum ersten Mal erlebe ich hier, dass sich drei Parteien in einer für das Selbstverständnis dieser Republik sehr, sehr wichtigen und konstitutionel­len Frage einig sind. Da gibt es mittlerweile so etwas wie eine Klarheit darüber, was man will, was man beseitigt haben will, und das schafft auch die Voraussetzung für die anderen Parteien, die in dem einen oder anderen Punkten abweichen. Ich kann mit dem Präsidenten Neugebauer durchaus mit. Bei der Rede des Kollegen Fichtenbauer habe ich mir gedacht: ja, interessant, spannend zuzuhören, und trotzdem gibt es auch noch Punkte, die mich von dieser Argumentation trennen.

Für mich ist jedoch wesentlich, es gibt in einer für die Republik, für ihre Geschichte, für ihr Selbstverständnis sehr wesentlichen Frage auch so etwas wie einen Cordon sani­taire, ich nenne das einmal so. Das schafft eine völlig andere Voraussetzung für die Debatte, als wenn es diese Einigkeit nicht gäbe. Das zwingt, und bitte mich nicht miss­zuverstehen, auch Sie (in Richtung FPÖ und BZÖ) in eine völlig andere Situation, mit uns diese Debatte zu führen. Und das ist gut so!

Wenn es diese Einigkeit in für die Republik wesentlichen, essentiellen Fragen, für ihr Selbstverständnis essentiellen Fragen auch in anderen Bereichen gäbe, dann hätten


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