Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll40. Sitzung / Seite 228

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men hätte, einzuschränken wäre, dass nämlich eine Ausnahme dann besteht, wenn dieser Akt des Widerstandes oder was immer, der ja auf keine Verurteilung abstellte, mit Mord verbunden gewesen wäre.

Selbst wenn Herr Manoschek herausgefunden hat, dass es nur eine kleine Prozentzahl gewesen ist, auch der Ermordete hat eine Mutter gehabt, die um ihren Sohn geweint hat. Oder wenn ich an das denke, was Kollege Weinzinger gesagt hat: Wenn jemand, ohne etwas anzustellen, übergelaufen ist und die eigene Stellung verraten hat, sodass Feindfeuer auf die Stellung gelenkt werden konnte und die dort zugrunde gegangen sind, so haben auch die Mütter gehabt.

Das Problem ist, dass das Teuflische jedes Krieges natürlich darin besteht, dass er einebnet und dass er selber eine Mordmaschine ist, und der Einzelne, der einer ihm nicht zur Verfügung stehenden Entscheidungsgewalt ausgeliefert ist, dem anerzoge­nen Gewissen und seiner Lebenssituation entsprechend handelt oder nicht handelt.

Kollege Walser hat etwas Richtiges gesagt. Wahrscheinlich sind es 50 000 gewesen, das stimmt schon. Ich glaube zu wissen, dass de facto nur höchstens 25 000 Akten vorhanden sind, jedenfalls ein gesicherter Aktenbestand von 17 000 vorhanden ist, aber wahrscheinlich ist diese insbesondere vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt in Deutschland angenommene Zahl von 50 000 richtig und, ich wiederhole, an Ab­scheulichkeit nicht zu überbieten, ausnahmslos nicht zu überbieten. (Abg. Dr. Strutz: Was wollen Sie sagen?)

Sie haben auch den Namen Freisler genannt. Jetzt geht mir ein Sektor in der Betrach­tung des Terrors wirklich ab. Die Geschichte der Justiz im „Dritten Reich“ als genauso der Terrormaschine zugänglich ist nie wirklich aufgearbeitet worden. (Beifall bei Abge­ordneten von FPÖ, SPÖ und ÖVP.) Man hat sich immer nur mit den Soldaten beschäf­tigt, und die Soldaten waren der Zwangsgewalt ausgeliefert. Die Karrierejuristen aber, die zum Frühstück drei Todesurteile ausgesprochen haben, weil etwa jemand den eng­lischen Sender abgehört hat, sind sehr bald nach 1945 wieder in Amt und Würden ge­sehen worden. Und das ist eine Abscheulichkeit, die auch noch nie wirklich aufgearbei­tet worden ist.

Wenn Aufarbeitung, dann erkennen wir, dass die Rechtspflege eines Staates das Fun­dament der Gerechtigkeit und der Würde der Menschen ist, und die ist damals mit Fü­ßen getreten worden, aber niemals ist es zu einer gleichartigen Aufarbeitung dieser Personengruppe gegenüber gekommen wie gegenüber den Soldaten! (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP sowie des Abg. Dr. Walser.)

21.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Franz zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 3 Minuten. – Bitte.

 


21.40.01

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Ge­schätzte Damen und Herren! Ich möchte mich gleich vorweg sehr herzlich bei Ihnen bedanken, Frau Ministerin. Sie haben es ermöglicht, dass wir hier eine mehrheitsfähige Einigung haben, um eben diese NS-Justizopfer zu rehabilitieren.

Ich danke auch Ihnen, meine Kolleginnen und Kollegen, die Sie sich an dieser Diskus­sion beteiligt haben, für diese klare, sachliche Diskussion in dieser sehr sensiblen Ge­schichte. 70 Jahre nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges sind wir es den Opfern, die inzwischen in die Jahre gekommen sind, aber auch ihren Angehörigen schuldig, dass sie ihre Rehabilitation bekommen. So wie die meisten von uns bin auch ich überzeugt davon, dass es an der Zeit war, ein Kapitel zu schließen, das noch einige Ungereimt­heiten in sich getragen hat. Nach langen Diskussionen in der Vergangenheit haben wir


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