Nun haben Sie morgen, Herr Bundeskanzler, die nächste Entscheidung zu treffen und große Verantwortung zu übernehmen. Ich sage Ihnen auch sehr offen – ich formuliere das natürlich jetzt auch vorsichtig und hoffentlich nicht verletzend –, dass sich niemand, der Österreich liebt und Europa ernst nimmt, vorstellen kann und will, dass Sie Österreicherinnen und Österreicher nicht in voller Verantwortung für europäische Toppositionen einbringen, ganz gleich, ob es eine Maria Berger oder eine Ursula Plassnik, ein Willi Molterer oder ein Alfred Gusenbauer ist. Da darf es keinen Unterschied geben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Bucher.)
Niemand, meine Damen und Herren, der ein aktives Österreich in einer starken Union will, kann und will sich vorstellen, dass ein österreichischer Bundeskanzler darauf wartet, welche Namen woanders genannt werden, und sich nicht selbst aktiv in die Diskussion einbringt, netzwerkt, wirbt und Argumente sammelt.
Nur ein Hinweis: Es gibt einige Namen, gerade in der heutigen Zeit, die in der internationalen Presse, nicht in Österreich – von „Le Monde“ über die „Financial Times“ bis zum „Guardian“ und heute in der „Süddeutschen Zeitung“ –, genannt werden, wie etwa Vike-Freiberga oder unsere Ursula Plassnik. Und ich glaube, es ist doch selbstverständlich, dass ein Regierungschef positiv und der Zukunft zugewandt auf diese Dinge zugeht und sich nicht fürchtet, sondern sich freut, wenn wir solche Chancen und Möglichkeiten haben. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)
Ehrlich gesagt, niemand – auch ich nicht –, der eine österreichische Stimme in einem europäischen Orchester glaubhaft hören will, kann und will sich vorstellen, dass wir eine bedeutendere Aufgabe nicht annehmen und lieber irgendetwas Unbedeutenderes nehmen, nur weil der Boulevard gegen bestens qualifizierte Kandidaten schießt.
Dazu, was der Boulevard, die Zuneigung des Boulevards wert ist – ich nenne es jetzt nicht –, kann ich nur sagen: Lesen Sie den heutigen Leitartikel eines Herrn, der Ihnen nicht unbekannt ist! Das Lob von dieser Seite ist sehr kurzfristig. Daher mein Rat: Machen Sie gleich das, was richtig ist und was Sie vor Ihrem Gewissen und vor der österreichischen Öffentlichkeit verantworten können!
Niemand, meine Damen und Herren – und das sage ich auch sehr ernst –, der ein Österreich in einer handlungsfähigen Union will, kann und darf sich vorstellen, dass ein österreichischer Bundeskanzler im gleichen Boot wie etwa die britischen Konservativen sitzen möchte (Abg. Dr. Plassnik: Ja!), die gegen den Vertrag von Lissabon agitiert haben, die Volksabstimmungen auch für die künftigen Verträge wollen und gegen einen starken Kandidaten aus dem eigenen Land, Tony Blair, sind, nur weil er von einer anderen Partei ist. Ich glaube nicht, dass Sie das können und dass Sie das wollen. Ich glaube, niemand kann sich das ernstlich vorstellen. Ich wünsche Ihnen für morgen eine gute Entscheidung! (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Dr. Van der Bellen.)
16.44
Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Scheibner zu Wort. Ich stelle die Uhr auf 7 Minuten. – Bitte.
16.44
Abgeordneter Herbert Scheibner (BZÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundeskanzler! Meine Damen und Herren! Es ist schon schwierig mit dieser Europäischen Union. Da diskutiert man jahrelang über die Strukturen, über die Verfassung, dann über den Vertrag von Lissabon und bringt ihn gerade noch so hin – und dann hofft man eigentlich, dass jetzt Schluss ist mit diesen Debatten um Nebensächlichkeiten, die sie in Wirklichkeit sind, und dass man sich auch auf der Ebene der Europäischen Union mit den wirklich wichtigen Dingen beschäftigt, was auch die Menschen von dieser Union verlangen.
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