Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 111

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Jetzt weiß ich schon, der Finanzminister hat Ihnen (in Richtung Bundesministerin Mag. Bandion-Ortner) zu wenig Geld für Ihr Justizbudget gegeben, aber das kann nicht als Ausrede für jedes wichtige justizpolitische Vorhaben herhalten, warum es dann nicht optimal umgesetzt wird. Auch das Argument der Verfahrenshilfe überzeugt mich nicht, wenn man weiß, dass das mittlere Einkommen in Österreich 1 700 € beträgt; das sind 1 200 € netto. Daher gehe ich nicht davon aus, dass jemand, der in Österreich ein mittleres Einkommen bezieht, Verfahrenshilfe bekommen wird.

Tatsache ist aber, 1 200 € netto sind nicht viel, und wer in einer ohnedies schon schwierigen Situation wie einem Scheidungsverfahren – Scheidung ist eine der Ar­mutsursachen Nummer eins – noch zusätzlich durch den Kinderbeistand belastet wird, wird nicht nur keine Freude haben, sondern wird, wenn es schlecht hergeht, den Kin­derbeistand als Bestrafung durch das Gericht erleben. Das kann nicht Sinn und Zweck des Kinderbeistands sein. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt habe ich durchaus Verständnis dafür, dass Geld, das nicht da ist, auch nicht aus­gegeben werden kann. Sie haben auch erklärt, dass Sie im Moment keine budgetäre Bedeckung dafür finden und dass Sie sich die Unterstützung des Parlaments wün­schen, damit Sie mehr Geld dafür bekommen, dass der Kinderbeistand weniger kostet.

Umso verwunderter bin ich dann, wenn ich im Justizausschuss einen Antrag stelle, der genau diese Formulierung zum Ziel hat, nämlich dass man Ihnen vom Justizausschuss Unterstützung zusagt, dass Sie bei den nächsten Budgetverhandlungen vom Finanzmi­nister mehr Geld dafür bekommen, dass dann die Kosten des Kinderbeistands redu­ziert werden können. Alle Justizsprecher – Jarolim, Donnerbauer – haben in der Vorbe­sprechung noch signalisiert, dass es ganz wichtig ist, dass es mehr Geld für den Kin­derbeistand gibt. Wenn man dann den „Elchtest“ macht und Sie, Frau Bundesministe­rin, im Justizausschuss unterstützen will, wird das plötzlich niedergestimmt! Das ver­stehe ich nicht.

Ich werde Sie weiter unterstützen. Ich erspare Ihnen zwar diesen Unterstützungsan­trag, weil SPÖ und ÖVP Sie offensichtlich nicht unterstützen wollen, aber ich glaube trotzdem, dass wir uns unabhängig von einem Antrag zum Ziel setzen sollten, dass Sie für das Projekt Kinderbeistand tatsächlich mehr Geld haben, damit wir dann im Budget­begleitgesetz die Kosten senken können, damit dieses Modell ein Erfolgsmodell wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

13.37


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Zu Wort gelangt Frau Bundesministerin Mag. Ban­dion-Ortner. – Bitte.

 


13.37.20

Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Christoph ist acht Jahre alt, seine Eltern las­sen sich gerade scheiden. Friedlich ist das Scheidungsverfahren keineswegs! Jetzt geht das Gerangel um Christoph los, jeder beansprucht die alleinige Obsorge, gegen­seitige Vorwürfe prasseln auf Christoph nieder. Christoph fühlt sich einsam, er ist ver­zweifelt. Wer ist nun der Böse, die Mama oder doch der Papa? – Christoph denkt sich: Na, vielleicht bin ich schuld an dem ganzen Schlamassel! Er träumt schlecht, er kann nicht schlafen, er weint heimlich. Er geht in die zweite Klasse Volksschule, seine Leis­tungen lassen drastisch nach. Die Eltern sehen seine Sorgen und Ängste überhaupt nicht, sie sind viel zu sehr mit ihren eigenen Sorgen und vor allem mit ihren Rachege­lüsten beschäftigt.

Sehr geehrte Damen und Herren, genau in dieser Situation könnte ein Familienrichter einen Kinderbeistand für Christoph bestellen. Er soll dem Kind ein Sprachrohr sein, ihm eine Stimme verleihen. Er soll das Kind entlasten, er soll verhindern, dass das Kind traumatisiert wird.

 


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