Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll55. Sitzung / Seite 100

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die Hälfte der Strafzeit, mindestens aber drei Monate, verbüßt, so kann vom weiteren Vollzug der Strafe vorläufig abgesehen werden.“

Weiters wird vorgehalten, dass „auch die ‚Crème de la Crème‘ der Schwerverbrecher: zwei Dutzend Räuber, zwei Vergewaltiger und ein Türke, der wegen ‚schweren sexuel­len Missbrauchs von Unmündigen‘ einsitzen musste,“ freigelassen wurde. „Dazu kom­men noch die Killer des Mafiapaten aus 1996.“ Und so weiter und so fort.

Was heißt das? – Ich bitte, schon zu beachten, dass man diese Kann-Bestimmung nicht zu einer Muss-Bestimmung umfunktioniert. Schwerstkriminelle, die da erwähnt werden, fallen sicher nicht unter die Wohlmeinung der historischen Absichten, die hinter dieser Norm, die wir von der Freiheitlichen Partei übrigens abgelehnt haben, ste­hen. (Beifall bei der FPÖ.)

Man muss schon auch bedenken: Der Strafvollzug hat tunlichst auch im Einklang mit der öffentlichen Meinung – nicht so, wie es jetzt im Vordergrund verstanden werden kann, aber mit dem Rechtsfriedensgefühl, das in der Bevölkerung anzustreben ist – zu erfolgen. Es geht nicht an, dass Schwer- und Schwerstkriminelle unter Nutzung der obgenannten Bestimmung, auch wenn das Versprechen damit verbunden ist, dass sie ins Ausland gehen und nie wiederkommen – das ist im Schengenraum eine eher theo­retische Wunschvorstellung –, frühzeitig entlassen werden.

Letzter Punkt: Ich nehme aus dem letzten Justizausschuss die Absicht mit, dass wir alsbald in Bezug auf die Fragen der außerstreitrechtlichen Abarbeitung von Besuchs­rechten und Obsorgestreitigkeiten eine Parlamentarische Enquete anstreben werden. Ich ersuche von hier aus nochmals, die Dringlichkeit dieser Materien nicht zu verken­nen und energisch auf eine Verbesserung des derzeitigen Zustandes hinzuwirken.

Abschließend: Es ist bedenklich, wenn in Richtung von Personen, die sich als Selbst­hilfegruppen organisieren – ich meine etwa Väter, die betroffen sind –, unter Anwen­dung des „Mafia-Paragraphen“ ermittelt wird, ohne dass die Staatsanwaltschaft dahin­tersteht. Dann hätten wir nämlich eine außer Kontrolle geratene Polizei. Stichwort: Tier­schützer, wo auch genug Übles zu argumentieren war. Das gehört abgestellt oder zumindest rechtsstaatlich sehr sorgfältig geprüft. – Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)

12.28


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhau­ser. – Bitte.

 


12.28.49

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Auch uns hat im Rahmen der Debatte über das Unterbringungsgesetz der § 32a – was hier unter „Drehtür-Psychiatrie“ diskutiert wird – am meisten beschäftigt. Es ist grund­sätzlich so, dass jemand angehalten werden kann, wenn eine ernste und erhebliche Gefährdung vorliegt. Die jetzige Bestimmung erweitert die Anhaltungsmöglichkeit, in­dem sie eben vorsieht, dass dann eine Anhaltung weiter möglich sein soll, wenn im Fall einer Aufhebung voraussichtlich in absehbarer Zeit neuerlich eine Freiheitsbeschrän­kung erforderlich ist. Das ist wahrscheinlich keine grundlegende Abkehr von der Inten­tion des Unterbringungsgesetzes, aber es ist zumindest eine leichte Korrektur.

Kollege Scheibner, so sehr wir hinsichtlich der Kritik nahe beieinander liegen, teile ich Ihre Ansicht nicht, dass keine Verhältnismäßigkeitsprüfung erforderlich ist (Abg. Scheib­ner: Das habe ich nicht gesagt!) – das haben Sie gesagt, vielleicht haben Sie es nicht so gemeint (Abg. Scheibner: ... ungenau!) –, denn genau das ist der wesentliche Punkt, der den hier vorliegenden Entwurf vom Ministerialentwurf unterscheidet, und ich halte das für eine wichtige Unterscheidung.

 


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