Trotzdem – und das ist der entscheidende Punkt – ist es nicht intendiert, die Zahl der in der Psychiatrie Angehaltenen massiv steigen zu lassen. Die Gefahr, die bleibt, ist aber doch, dass diese Gesetzesänderung genau diesen Effekt hat. Daher war uns die Evaluierung dieser Bestimmung besonders wichtig – damit man frühzeitig erkennt, ob diese leichte Korrektur zu einer Entwicklung führt, die man eigentlich nicht will.
Aber man muss sich eine grundsätzliche Frage stellen, und das ist jene, ob da die Juristen nicht einen gesundheitspolitischen Missstand ausbaden müssen. Es geht nämlich um die Frage, warum es zu dieser „Drehtür-Psychiatrie“ kommt – ob das nicht ein Hinweis darauf ist, dass die psychiatrische Nachversorgung nicht funktioniert, deswegen die Betroffenen immer wieder zurückkommen und man jetzt – über diese neue Bestimmung – versucht, diesen gesundheitspolitischen Missstand zu beseitigen. Ich glaube, es gibt einige Hinweise, die diesen Schluss nahelegen. Wie gesagt: Aufgrund der Evaluierung ist es uns möglich, zuzustimmen – weil ich glaube, dass die Intention dahinter redlich ist. Die Gefahren muss man aber auch sehen.
Der zweite Punkt – der auch schon angesprochen wurde – ist die Frage des Abgehens vom Vier-Augen-Prinzip bei der Aufnahme nach dem Unterbringungsgesetz. Auch das sehen wir als problematisch an, auch wenn es grundsätzlich möglich ist, dass der Patient ein zweites Gutachten fordern kann. Da stellt sich die Frage, ob er in der spezifischen Situation dazu in der Lage sein wird – das war auch ein Kritikpunkt vom „VertretungsNetz“. Auch da wird man genau hinschauen müssen, ob nicht Schutzrechte der Patienten ungewollt ausgehöhlt werden.
Es ist einerseits der Kostenfaktor ein ständiger Begleiter der Debatte, und zwar – da bin ich auch beim Kollegen Scheibner – in dem Fall ein schlechter Begleiter, weil wir in dieser spezifischen, schwierigen Situation schon den Patienten im Auge haben sollten. Aber andererseits ist der zweite und spannende Punkt immer das Argument des Personalmangels, nämlich dass die nötigen Psychiaterinnen und Psychiater besonders am Wochenende oder zu den Nachtstunden nicht verfügbar wären. Da finde ich es schade, dass man sich die Frage, ob nicht auch klinische Psychologinnen und Psychologen diese Zweitbegutachtung machen könnten, nicht gestellt hat.
Wir stimmen zu, und zwar auch deswegen, weil bei all dieser Ambivalenz einige Verbesserungen in diesem Gesetz enthalten sind. Damit hier nicht nur Kritik geübt, sondern auch das Positive gewürdigt wird, möchte ich da ganz besonders die nachträgliche Überprüfungsmöglichkeit von Beschränkungen und Behandlungen nach dem Unterbringungsgesetz nennen. Dies ist ein Fortschritt und bringt eine Verbesserung für die Betroffenen, und daher gibt es aufgrund der Evaluierung unsere Zustimmung. Wir sollten uns aber in zwei Jahren genau anschauen, wohin diese Gesetzesänderungen führen, damit wir nicht einen Effekt erzielen, den wir eigentlich nicht wollen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)
12.33
Präsident Fritz Neugebauer: Zu Wort gelangt nun Frau Bundesministerin Mag. Bandion-Ortner. – Bitte.
12.33
Bundesministerin für Justiz Mag. Claudia Bandion-Ortner: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren Abgeordnete! Diese Novelle ist das Ergebnis einer Enquete, die im Jahr 2006 stattgefunden hat. Es wurden nunmehr Erfahrungen aus der Anwendungspraxis in das Unterbringungsgesetz und das Heimaufenthaltsgesetz eingearbeitet. Es sind sehr zahlreiche, intensive Diskussionen mit allen Beteiligten geführt worden, und man hat wirklich ein gutes Ergebnis erzielt.
Das einzuhaltende Verfahren soll jetzt präziser, praxisgerechter werden; vor allem das Aufnahmeverfahren soll erleichtert werden, indem nur mehr ein Gutachten notwendig
HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite