Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung / Seite 89

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12.29.32

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Kollege Wittmann, ich werde versuchen, ganz sachlich zu bleiben. Vielleicht folgen Sie mir. – Während in den USA der Kon­gress, der Senat seit Monaten in einer intensiven Debatte einen bedeutenden Schritt in Richtung Sozialstaat machen, wodurch 35 Millionen US-Bürger und ‑Bürgerinnen kran­kenversichert werden, während dieser monatelangen Debatte, die jetzt abgeschlossen wurde, Gott sei Dank, worüber ich mich wirklich freue für die Bürgerinnen und Bürger, gibt es im österreichischen Parlament, im Sozialausschuss überhaupt keine Debatte. Keine Debatte, nichts! Nichts! Es gibt keine Sitzung des Sozialausschusses, und zwar seit Monaten nicht!

Kommen Sie mir daher bitte nicht damit, Herr Wittmann, dass Sie meiner Kollegin Mu­siol einen Vorwurf machen und sagen, da habe es ohnehin einen Termin am nächsten Tag gegeben – und so weiter!

Seit Monaten versuchen wir, einen Termin für eine Sitzung des Sozialausschusses zu bekommen! Über 70 Anträge von Oppositionsparteien wurden noch nicht behandelt, und mehr als 30 Anträge von Oppositionsparteien unterschiedlicher Materie – Erhö­hung des Arbeitslosengeldes, der Notstandshilfe, was angeblich ohnehin alle wollen, aber niemand machen, niemand behandeln will – ruhen sozusagen im Ausschuss. Ich werfe das nicht der Ausschuss-Vorsitzenden, jedoch den Regierungsparteien wegen deren Untätigkeit vor, dass da nichts weitergeht.

Das ist im Moment der Unterschied vom österreichischen Parlament zum amerikani­schen Kongress beziehungsweise zum Senat: Dort wird gearbeitet, hier nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Zweiter Punkt. Wenn Sie, Herr Kollege Wittmann, uns vorwerfen, dass wir Verfas­sungsmaterien blockieren, kann ich Ihnen nur eines sagen (Abg. Mag. Molterer: Es stimmt!): Zwei Materien sind anhängig. Zum einen geht es um das Thema Kinderrech­te, wo Sie den gleichen schlechten Antrag wieder eingebracht haben, mit dem Sie schon einmal versucht haben, hier im Parlament weiterzukommen. (Abg. Steibl: Das ist aber auch nur Ihre Ansicht!)

Sechs aus 45 Kinderrechten wollen Sie erfüllen – und die restlichen nicht. Dafür geben Sie sich her, obwohl ich weiß, dass die SPÖ in den vergangenen Jahren – da hat es ja eine andere Regierungskonstellation gegeben – immer dafür war, dass alle Kinder­rechte umgesetzt werden. – Jetzt aber sagen Sie von der SPÖ: Wir sind zufrieden, dass sechs aus 45 kommen. Und da wollen Sie, dass wir zustimmen?! Da wollen Sie, dass wir sagen, da sind wir dabei?! (Beifall bei den Grünen.)

Zweiter Punkt: die Dienstleistungsrichtlinie. Wenn wir die Dienstleistungsrichtlinie sozusagen nicht als Faustpfand gehabt hätten, dann wären wir, was Minderheitsrech­te, was demokratische Rechte des österreichischen Parlaments betrifft, wahrscheinlich noch immer nicht so weit. Das sage ich Ihnen ganz offen – und Sie wissen das auch ganz genau, nur reden Sie hier heraußen halt ganz anders. Klar ist: Bei der materiellen Umsetzung der Dienstleistungsrichtlinie wird es noch einen harten Kampf geben, denn da sind die Vorgaben das Problem.

Aber diskutieren wir das inhaltlich in den Ausschüssen! Diskutieren wir das in den Aus­schüssen, wo das auch hingehört – und nicht nur im Verfassungsausschuss! Disku­tieren wir das inhaltlich im Sozialausschuss, diskutieren wir das im Wirtschaftsaus­schuss! Wir hätten da genug zu tun, nur: Seit Monaten tagen diese Ausschüsse nicht!

Herr Kollege Wittmann, hören Sie auf, da einseitig Schuldzuweisungen – der hat am Soundsovielten irgendwann erst dem Ausschuss zugestimmt – zu machen! Wir alle wissen, worum es geht: Allein im Sozialausschuss wurden über 70 Anträge noch nicht einmal behandelt, und mehr als 30 Anträge wurden vertagt.

 


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