Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung / Seite 118

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Spaniern, das Gleiche bei den Portugiesen, und dann tun alle so und sagen: Um Got­tes willen, die Stabilität des Euro ist gefährdet!

Das hat mit der Finanzkrise zunächst einmal gar nichts zu tun, sondern ist erst durch die Finanzkrise verschärft und virulent geworden. Daher ist schon die Überlegung an­zustellen, ob die Europäische Union ein bisschen mehr tut, als nur mit dem erhobenen Zeigefinger der Frau Merkel zu drohen, wenn sich Länder effektiv jahrelang mit fal­schen Eckdaten eine Lüge, eine Stabilitätslüge zurechtgelegt haben. Ich kenne Länder, die untergegangen sind, wie die „Deutsche Demokratische Republik“, die jahrzehnte­lang geglaubt hat, mit einer Stabilitätslüge leben zu können, bis sie dann nicht einmal mehr hinter der Mauer mit dieser Stabilitätslüge sicher war. (Beifall beim BZÖ.)

Das heißt, das ist die erste Frage, die man klären muss: Wie geht man mit Ländern um, die sich überhaupt in ein Politikfeld hineinschwindeln können? – Dann stellt sich heraus, es ist alles nicht wahr, und dann soll plötzlich die Gemeinschaft einspringen! Das wird von den Bürgern dieser Europäischen Union, und zwar quer durch alle Mit­gliedsländer, die das bezahlen sollen, nicht verstanden werden. Daher muss es schon ein bisschen mehr geben als nur das, was jetzt Herr Kollege Schüssel gebracht hat, quasi so: Wir ändern nichts am System – da hat Kollege Cap nämlich recht –, wir än­dern nichts am System, machen so weiter und schauen eben, dass wir Griechenland irgendwie aus der Bredouille bringen.

Herr Kollege Schüssel, werden Sie die gleiche Rede wieder halten, wenn es um Spa­nien geht, wenn es um Portugal geht, wenn es um Italien geht? Die gleiche Rede? Oder werden wir dann endlich über einen Systemwechsel oder über eine andere Euro­päische Union nachdenken, wie Juncker es schon einmal gemacht hat? – Juncker hat schon einmal Kerneuropa in die Debatte geworfen. Auch Kollege Cap hat Kerneuropa schon einmal in die Debatte geworfen, oder Herr Pöttering hat Kerneuropa schon ein­mal in die Debatte geworfen. Ich fordere Sie auf, darüber nachzudenken, ob dieses Einheitskonzept der Europäischen Union vor dem Hintergrund erschwindelter Teilnah­men an Politikfeldern überhaupt noch aufrechtzuerhalten ist oder nicht. Wir haben im­mer gesagt, dass das nicht möglich ist, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Sie sehen ja, wie uneinsichtig einzelne große Mitgliedsländer sind. Wenn ich höre, dass die Briten sich vehement dagegen wehren, dass man die Finanzmarktaufsicht verschärft – und damit bin ich beim zweiten Hauptproblem –, dass man die Finanz­märkte stärker unter Kontrolle nimmt, dass man die Hegdefonds kontrolliert, aber ein Nachbarland hat, nämlich Irland, das wie kaum ein anderes durch die Finanzmarktkrise betroffen ist und auch ein Kandidat für eine Intervention ist – Herr Kollege Schüssel, dann werden Sie die gleiche Rede wieder halten können –, und man dann nicht bereit ist, am System etwas zu ändern, sondern sämtliche Bankmanager und all die Bankap­parate weitermachen lassen will, weil es am Schluss ohnehin der Steuerzahler bezah­len muss, dann hört sich der Spaß auf, meine Damen und Herren!

Ich garantiere Ihnen: Wenn die Völker der Mitgliedsländer der Europäischen Union am Schluss die Zeche bezahlen müssen, indem die Europäische Kommission ihnen auch noch die Budgets vorschreibt – und jeder weiß, wo dann an erster Stelle gespart wird, nämlich bei den Sozialausgaben, bei den Transferleistungen für die armen Schichten; dort ist am meisten zu holen, dort wird am ehesten gespart werden –, dann werden Sie die Menschen auf der Straße haben, und zwar nicht nur, wie derzeit, in Griechenland!

Dann werden nicht nur von ein paar Radikalinskis Autos angezündet werden, sondern dann werden es sich breite Schichten der Bevölkerung nicht mehr gefallen lassen, wenn Leute wie Herr Michaelis und – wie heißt der andere? – Herr Pinkl, nomen est omen, immer noch glauben, dass sie mit ihren Gagen weitermachen können. Das hat nicht direkt mit der Finanzkrise zu tun, aber diese Denkweise von Managern und Bank­direktoren, die glauben, solange es gut läuft, streifen sie ein, und wenn es schlecht


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite