Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung / Seite 187

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immer. Aber es ist erstmals in der Geschichte der Zweiten Republik so, dass sich ein Minister selbst den Vorwurf gefallen lassen muss, dass sein fehlendes Krisenmanage­ment über sechs Monate hinweg, seine Unwissenheit und wahrscheinlich auch sein Desinteresse – sein Desinteresse – es verursacht haben, dass Menschen in Öster­reich in Gefahr gekommen sind.

Das hat es noch nie gegeben. Ich erinnere vor allem die älteren Abgeordneten in die­sem Haus, die vielleicht den Weinskandal noch miterlebt haben, an die politische Dis­kussion, die es über Monate, über Jahre gegeben hat, und daran, dass damals zumin­dest im ursächlichen, direkten Zusammenhang kein Todesopfer zu verzeichnen war. Beim Weinskandal ist die Republik stillgestanden. Ich glaube, der Gesundheitsminister hat Steyrer geheißen, der durch Sonne, Mond und Sterne geschossen worden ist. Es war aber kein Toter zu verzeichnen. – Heute machen Herr Maier und Frau Oberhauser wider besseres Wissen Gesundheitsminister Stöger die Mauer.

Was geschieht, nachdem wir jetzt diesen Skandal offenkundig haben? – Ein Minister verschleppt und verschlampt die Angelegenheit, samt seinen Handlangern in der AGES, dem ÖVP-Mann Url als Geschäftsführer und der parteipolitischen Postenbeset­zung Herrn Herzog – auch von der ÖVP, aus dem Büro Rauch-Kallat –, der Leiter des Bereichs Verbrauchergesundheit ist. Was geschieht, nachdem wir diesen Missbrauch, diese Vertuschung, diese Fahrlässigkeit aufgedeckt haben? – Die AGES hat vorige Woche in Auftrag gegeben, sofort Telefonprotokolle aller ihrer Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter auszuheben.

Herr Maier, Datenschutzvorsitzender – auf diesen Titel sind Sie ja immer so stolz, Sie sagen es auch; Sie haben, glaube ich, eine meterlange Visitenkarte, auf der Sie es sich jeden Tag anschauen, Sie sind ja total stolz darauf –, Sie als Vorsitzender der Da­tenschutzkommission sollten einmal in Ihren schlauen Büchern nachlesen, ob es in Ordnung ist, dass mit Zustimmung der Betriebsräte die persönlichen E-Mail-Ordner von Mitarbeitern geöffnet und die Telefonprotokolle von Handys, die auch einen privaten Nutzungsanteil haben, ausgehoben werden – auf Veranlassung dieses Herrn Url von der ÖVP und offenbar mit Wissen des Herrn Gesundheitsministers –, um draufzukom­men, wer denn in der AGES nach sechs Monaten geplaudert hat – um es anders zu sagen –, es nicht mehr ausgehalten hat, dass Menschen aufgrund des politischen Ver­sagens von Herrn Stöger zu Tode kommen mussten. Darauf haben Sie bis heute nicht reagiert.

Wir haben hier den Misstrauensantrag gegen Herrn Bundesminister Stöger diskutiert, und da war in Ihrer Fraktion (in Richtung SPÖ) noch die Rede davon, dass ja ohnehin alles in Ordnung sei, ohnehin alles so super und so klasse und warum wir uns da über­haupt aufpudeln. Wir haben versucht, mittels dieser Ministeranklage den Minister end­lich in den Ausschuss zu bekommen, um ihn im Rahmen einer aktuellen Aussprache, aber auch in der Debatte zu dieser Ministeranklage einmal peinlichst darüber zu befra­gen, wann er wirklich etwas gewusst hat, denn er wird von der Justiz ohnedies auch dazu befragt werden, was er angestellt hat. Wir möchten ihn einmal befragen können, um auch die politischen Konsequenzen zu ziehen; auch einzelne Abgeordnete, die noch nicht davon überzeugt sind – viele sind ja schon überzeugt –, dass er eine Fehl­besetzung war.

Viele sozialdemokratische Abgeordnete und viele Mitarbeiter vor allem ermutigen uns, dass wir hier weitermachen sollen. (Ironische Heiterkeit der Abg. Dr. Oberhauser.) – Soll ich Ihnen die Namen sagen, Frau Abgeordnete? – Gerne, überhaupt kein Problem. (Abg. Dr. Oberhauser: Na bitte!) Es gibt viele, die diesen Minister loswerden wollen und uns auch ermutigen, hier weiterzumachen. Wir haben gesagt, wir wollen diese ak­tuelle Aussprache im Ausschuss haben, wir wollen die Ministeranklage diskutieren, und das war nicht möglich. (Ruf bei der ÖVP: Sagen Sie die Namen!)

 


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