Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll57. Sitzung / Seite 195

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

von Helmut Schmidt, die ja ebenfalls diese Linie massiv unterstützt haben. Und wir wollen mit diesem gemeinsamen Antrag aller politischen Parteien Mut machen, dass man auf diesem Weg weitergeht.

Mittlerweile gibt es aber durchaus skeptische Elemente und skeptisch machende Ent­wicklungen. Man ist fast auf einem Retro-Kurs unterwegs. Der START-Vertrag etwa ist im Dezember vorigen Jahres ausgelaufen. Die Nachfolgeverhandlungen, die ja vor al­lem von den Russen und Amerikanern geführt werden müssen, weil sie noch immer den überwältigenden Anteil von atomaren Sprengköpfen in ihren Waffenarsenalen ha­ben, stocken, und selbst wenn sich Barack Obama mit Medwedew und Putin einigen würde: Ich erinnere nur an die Demütigung, die ein Bill Clinton im Jahr 1999 erfahren hat, als etwa der Senat den Comprehensive Nuclear-Test-Ban Treaty, den CTBTO-Vertrag, quasi blockiert hat und damit der amerikanische Präsident in aller Öffentlich­keit blamiert wurde.

Es gibt im April einen Weltgipfel zu Atomfragen, der nicht unwichtig sein wird und der natürlich vor allem diese ganze Themenbreite von der Raketenabwehr bis zu der Ab­rüstungsfrage voll beleuchten wird. Es wird im Mai das achte Treffen im Rahmen des NPT-Vertrages, der ja die Nichtweiterverbreitung von nuklearem Material beinhaltet, stattfinden. Wir sind sehr beunruhigt, weil die IAEO diese Fragen sehr genau überprüft und täglich ein Monitoring durchführt. Die Zahl der berichteten Zwischenfälle, der Re­ported Incidents, hat sich in den letzten drei Jahren verdoppelt, und zwar auf etwa 500 Zwischenfälle, die gemeldet wurden. Was nicht gemeldet wird an nuklearen Mate­rialtransporten, das steht sozusagen auf einem anderen Blatt.

Wir wissen, dass die IAEO derzeit ja praktisch nur ein Drittel aller Atomreaktoren über­haupt regelmäßig überprüft; zwei Drittel der Reaktoren sind nicht überprüft. Und wir wissen weiters, dass etwa 50 Länder Interesse an der Atomtechnologie haben. Wir be­fürchten, dass damit aber auch natürlich die Gefahr viel größer wird, dass man sich auch in den Besitz von atomarer Waffentechnologie setzen könnte. Es gibt heute sie­ben bis acht Atommächte, die diese Technologie besitzen und beherrschen, und es könnte durchaus in den nächsten Jahren mit einer Verdopplung etwa der Zahl der AKW auch eine Verdopplung der Zahl der Atommächte Hand in Hand gehen. Und das wäre eine besonders besorgniserregende Entwicklung.

Wie schwierig das Ganze ist, zeigt ein kleiner Bericht aus der „Washington Post“ vor, ich glaube, ein oder zwei Wochen. Da wurde der pakistanische Vater der Atombombe, Abdul Kadir Khan, erwähnt, der ja bekanntlich nicht nur die Atomtechnologie in Pakis­tan aufgebaut hat, sondern verdächtigt wird, dass er quasi sein Wissen weitergegeben hat an den Iran, an Libyen, an verschiedene andere Länder; auch an Saddam Hussein ist er herangetreten.

Das Interessante: Khan stand ja unter Hausarrest, und einige Tage bevor ein Gericht in Islamabad diesen Hausarrest aufgehoben hätte, sind genaue Fakten bekannt gewor­den, dass Abdul Kadir Khan Zeichnungen weitergegeben hat, dass er Material für Urananreicherungsanlagen weitergegeben und zugleich auch eine ganze Liste von Fir­menkontakten weitergereicht hat, wie man sich mit solchen Dingen auseinandersetzen kann, wie man zu diesen Zulieferprodukten kommen könnte.

Das Ganze ist also ein unerhört interessantes, sehr schwieriges und sehr gefährliches Thema. Und ich bin eigentlich sehr stolz darauf, dass wir hier gemeinsam einen Antrag zur Unterstützung einer Welt ohne Atomwaffen vorgebracht haben.

Es war einmal schon sehr knapp dran, dass es seitens des Internationalen Gerichtsho­fes im Jahr 1996 einstimmig klare Erkenntnisse gegen den Gebrauch und die Drohung mit Atomwaffen gemacht hat.

Das Interessante war, dass die Abstimmung, ob man in Selbstverteidigung Atomwaffen anwenden dürfte, 7 : 7 ausgegangen ist – und nur der IGH-Präsident hat mit seiner


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite