Und ich bin noch zu weiteren Skurrilitäten vorgedrungen. Es ist allein schon historisch nicht uninteressant: Dr. Ausserwinkler hat 1992 ein wegweisendes Gesetz präsentiert; es war damals das modernste Gesetz Europas. Seit damals allerdings ist die Tabakgesetzgebung weitgehend zum Stillstand gekommen. 1995 hat dann Kalifornien das absolute Rauchverbot in Restaurants erlassen. Daraufhin sind dort die Umsätze sehr schnell stärker hinaufgegangen als erwartet. Das ist sehr interessant gewesen.
In Österreich haben wir allerdings bis zum heutigen Tag eine unbefriedigende Situation in der Gastronomie. Das ist, glaube ich, unbestreitbar. Stellen Sie sich vor, Sie sind eine Kellnerin, Sie sind eine junge Frau, Sie sind schwanger und arbeiten in der Gastronomie. Ich denke, Sie kennen alle diesen Mutter-Kind-Pass (die Rednerin blättert in einem solchen Pass), haben auch hie und da schon einmal darin geblättert. Es sind teilweise ziemlich beunruhigende Sachen, die da drinnen stehen. Ich möchte Ihnen das vorlesen: Man weiß heute, dass schon beim Rauchen einer Zigarette das Herz des Kindes um ein Viertel rascher schlägt als vorher, dass das Kind wenig Sauerstoff bekommt, dass die Zufuhr von Nährstoffen durch das mütterliche Blut geringer wird. Babys von Müttern, die in der Schwangerschaft aktiv oder passiv rauchen, sind häufig zarter, schwächer als Kinder von Nichtraucherinnen. Und: Passivrauchen kann Ursache für plötzlichen Kindstod sein.
Ich finde, es gibt nichts Schrecklicheres als die Angst vor plötzlichem Kindstod. Ich glaube, das kennen alle Eltern: die Angst, dass man in die Wiege hineinschaut – und das Kind lebt nicht mehr!
Und dann liest man in diesem Mutter-Kind-Pass, Passivrauchen erhöht das Risiko von plötzlichem Kindstod. – Wie geht es mir jetzt als Kellnerin in einem sogenannten Umstellungsbetrieb? Ein Umstellungsbetrieb gilt als Nichtraucherbetrieb, und ich muss genauso noch im Rauch arbeiten. Ich finde, das ist nicht zumutbar, das ist einfach nicht in Ordnung! Da brauchen wir andere Regeln. (Beifall bei den Grünen.)
Acht Jahre als nichtrauchende Person in der Gastronomie – und das Lungenkrebsrisiko ist verdoppelt! Trotzdem: Lungenkrebs ist nicht als Berufskrankheit anerkannt für die Gastronomie. Auch das finde ich nicht in Ordnung, auch das ist unzumutbar, das müssen wir jedenfalls ändern.
Mittelfristig wird, wie ich glaube, daran kein Weg vorbeiführen. Die Europäische Union wird genau auf dieser Basis des Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutzes europaweit die rauchfreie Gastronomie verordnen. Ich finde es fairer und anständiger, jetzt bereits klare Regeln für alle zu machen und auch der Gastronomie eine Sicherheit zu geben, als dann immer wieder etwas zu ändern. Viele haben dann vielleicht schon tausende Euros investiert und sind dann nicht nur äußerst verunsichert, sondern auch verdrossen, was die Politik betrifft, die das eigentlich hätte vorhersehen müssen.
Nun noch zum ArbeitnehmerInnenschutz. – Da gibt es wirklich skurrile, ganz skurrile Regeln. Manche von Ihnen sind wahrscheinlich damit vertraut. Es gibt sogenannte Grenzwerte, Begrenzungen für Schadstoffe auf dem Arbeitsplatz. Allerdings betreffen diese Schadstoffgrenzwerte ausschließlich die Schadstoffe, die durch das Arbeiten selbst entstehen, also das Lösungsmittel beim Malen, den Leim beim Tischler, auch den Lärm. Das Rauchen allerdings wird da nicht mit hineingerechnet, das Rauchen ist komplett irrelevant. Wer raucht, wird da nicht mitgezählt.
Auch diesbezüglich habe ich den Gesundheitsminister befragt, und was war die Antwort? Diese ist auch mehr als bemerkenswert: Forschungsergebnissen zufolge ist es nicht möglich, Grenzwerte für Tabakrauchbelastung festzulegen, unterhalb derer Passivrauchen gesundheitlich unbedenklich wäre. Folglich legen wir gar keinen Grenzwert fest.
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