Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll60. Sitzung / Seite 217

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müssen jetzt aber aufklären. Das steht ja ganz gut drinnen, Aufklärung überall: Kinder­garten, Schule, Eltern, Stillpropaganda. Wir brauchen Notizen und Warnungen vor Mut­termilchersatzprodukten, die suggerieren: Je schneller das Baby ein Kilo zugenommen hat, desto besser ist es für das Kind – was natürlich völliger Unsinn ist, wo man ganze Stufen im Ernährungsplan überspringt, um mit der Konkurrenz der Nachbarkinder und anderer Säuglinge mithalten zu können.

Das alles kostet Geld. Ich wünsche Ihnen das Geld, aber dann brauchen wir auch noch einen Vizekanzler hier am Podium, der diesen Ernährungsplan ebenfalls unterstützt. Sonst passiert Folgendes: Sie appellieren, Gesundheit muss erschwinglich werden. Die Leute sind verantwortlich, wenn sie krank sind, weil sie so viel Kalorien zu sich ge­nommen haben; weil sie sich schlecht bewegt haben, sind sie selber schuld. Damit be­gründe ich dann Selbstbehalte: Sie sollen sich das selber finanzieren – und der Staat lehnt sich zurück und spart.

Aber die Ausgaben für gesunde Ernährung müssen getätigt werden! Es gibt jetzt schon Boutiquen für Essen, Boutiquen für Öle. Dann sagen Sie doch einer armen alleinerzie­henden Mutter: Kaufen Sie sich eben die teuren mehrfach ungesättigten Fettsäuren, das bringt Ihnen etwas. – Das wird schwierig werden!

Wo Sie viel tun können – es steht auch drinnen –: Deklarierung von Lebensmitteln. Aber schauen Sie sich das an, das schaffen ja nicht einmal AkademikerInnen, wenn ich mir da anschaue, auf welcher versteckten Seite das Kleingedruckte unter fünfmal Falten zu lesen ist. Und da stehen irgendwelche Abkürzungen, teilweise nur Nummern, unter de­nen sich kein Mensch etwas vorstellen kann. Da müssen Sie eben Pickerl in, sagen wir, Grün, Weiß, Orange und Schwarz machen und sagen: Grün ist gesund, das ande­re wird man noch aushalten, beim anderen wäre zumindest nicht anzuraten, es täglich zu nehmen.

Tun Sie etwas gegen irreführende Werbung! Wo wird denn jetzt geworben? Also ich höre nur mehr Darmgeräusche im Fernsehen: mein „Wohlfühlbauch“, keine Winde pla­gen mich mehr. Dann werden jetzt gelegentlich noch wüsteste Darmeinläufe empfoh­len, wo es zu wilden Elektrolytverlusten kommt. Viele wissen ja nicht mehr, wo Medizin aufhört und Analerotik anfängt! Es ist ein Wahnsinn, was da teilweise passiert!

Wenn man sich die Werbung von Activia oder Actimel oder wie die alle heißen an­schaut, dann sieht man schwer neurotische Männer, die sich vor Katzenhaaren, Bakte­rien und Staub fürchten, und dann sagt die Mutti halt: Trink das und du wirst nicht krank! Also das kostet verdammt viel Geld, und da könnte man schon etwas tun. Man könnte einmal die Reklame durchforsten oder vielleicht auch besteuern, wenn da Din­ge versprochen werden, die ein absoluter Unsinn sind. Ich würde empfehlen, das auch niederschwellig zu machen. Man muss dann in die Schulen, in die Betriebe gehen und Anreize schaffen. Mit Strafen und so weiter ist nicht viel gewonnen.

Noch etwas: Es gibt Gesundheitsberufe, da haben Menschen Ernährungswissenschaft studiert. Die bekommen gar keinen Job. Da müsste man etwas tun. In öffentlichen Kü­chen, in Mensen von Bundesheer, Spitälern, Schulen müssten diplomierte Pflegewis­senschaftlerInnen oder AssistentInnen, wie es früher geheißen hat, oder Ernährungs­wissenschaftler verpflichtend beschäftigt werden. Pro von mir aus 1 000 Krankenbetten muss jemand da sein, der die Küche auch berät.

Fangen Sie vielleicht klein an. Geben Sie nicht auf und suchen Sie sich Verbündete! Wir helfen gern, aber ich möchte auch etwas erleben von Plänen, und das wird ein breiter Weg. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

19.01


Präsident Fritz Neugebauer: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Haubner. – Bitte.

 


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