Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll70. Sitzung / Seite 76

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Sie wissen auch ganz gut, dass der ORF in den letzten Jahrzehnten immer eine par­teipolitische Spielwiese für Postenwirtschaft, für Parteieinfluss war. Ich bin gespannt, ob sich das ändern wird. Wir werden das bei den anstehenden Besetzungen der Direk­toren erleben. Wir werden das bei der Besetzung der unabhängigen Aufsichtsbehörde erleben, die im Gesetz gut formuliert ist, wenn es darum geht, wie sie dann letztendlich mit Leben erfüllt wird. Wir werden auch erleben, ob der Einfluss mancher Landeshaupt­leute, die manche Landesintendanten des Studios am kurzen Gängelband halten, zu­rückgedrängt wird. Es ist auch wichtig, dass diese ihren regionalen Auftrag entsprechend erfüllen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, betrachten Sie bitte als Indikator auch die Sendezeiten der Regierung in den wichtigsten Nachrichtensendungen: „ZIB“, „ZIB 2“, „ZIB 3“, „ZIB-Flash“ oder auch bei Diskussionen wie bei „Thema“, bei „im Zentrum“, in der „Pressestunde“! Wie oft kommen dort Oppositionsparteien vor? Der „ZIB 1“-An­teil der Opposition liegt generell bei 5 bis 10 Prozent. Ich gratuliere! Ist das der öffent­lich-rechtliche Auftrag, den der ORF vorgibt, zu erfüllen?

Sehr geehrter Herr Ostermayer, da haben Sie viel zu tun. Ich bin gespannt, wie sich das Ganze entwickeln wird.

Das heißt, dieses Gesetz ist eine große Chance für den ORF, sich weiterzuentwickeln. Es ist die Frage, in welche Richtung er geht: Bleibt er ein rot-schwarzer Regierungs­funk, oder wird er ein rot-weiß-roter Österreichfunk? Macht er echte Strukturreformen mit Sparprogrammen, oder bleibt er ein staatlicher Betrieb, der letztlich mit Steuer­mitteln durchgefüttert werden muss? Ist er ein Versorgungsapparat für parteipolitische Günstlinge, oder haben dort wirklich kreative, junge, engagierte Journalisten die Chan­ce, sich entsprechend zu entfalten, deren es ja auch schon viele dort gibt? Es wird inte­ressant sein, das weiter mitzubeobachten.

Wenn sich diese Entwicklung negativ fortsetzt, dann werden wir in ein, zwei Jahren eine breite Evaluierung von diesem ORF-Gesetz vornehmen müssen. (Präsident Neu­gebauer gibt das Glockenzeichen.) – Ich komme zum Schlusssatz. – Und wenn es kei­ne Änderungen gibt, dann werden wir über die Teilprivatisierung bis hin zur Privatisie­rung reden müssen und letztlich auch über die Abschaffung der Gebühren für den ORF. – Danke schön. (Beifall beim BZÖ.)

12.23


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Prähauser. – Bitte.

 


12.23.19

Abgeordneter Stefan Prähauser (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich bekenne mich zu diesen 160 Millionen €, und zwar warum? Wenn die Politik glaubt, in Betriebe eingreifen zu müssen, ihnen das, was ihnen zusteht, vorzuenthalten, wenngleich auch die Beweggründe der Politik, jenen Menschen die Möglichkeit des Zu­gangs zu den Medien zu schaffen, nachvollziehbar und notwendig sind, so hat das doch auf der anderen Seite ein Unternehmen dann zu tragen, dass man auch zu überprüfen hat, wie es wirtschaftlich zurande kommt. Auf der einen Seite Aufgaben zu stellen und auf der anderen Seite Mittel zu entziehen, das kann man nicht mittragen. Und aus die­sen Gründen von einem Geschenk zu sprechen, würde ich auf keinen Fall tun, denn diese 160 Millionen € stehen jenen Menschen zur Verfügung, die sie brauchen und sich selber nicht in der Lage sehen, dafür zu sorgen, sich an den Medien so anzuknüp­fen, dass sie entsprechend informiert sind. Es ist unsere Aufgabe, das zu tun.

Aus den Taschen, meine Damen und Herren, wird es auch nicht gezogen, denn wir wissen, dass der Gebührenzahler eine Grundgebühr zahlt, aber nicht alles dem ORF zugutekommt, sondern auch der öffentlichen Hand für andere Maßnahmen zur Verfü­gung steht. Hier wird man auch daran gehen müssen, mit den Ressourcen entspre­chend umzugehen und einen Teil dazu beizutragen.

 


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