Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll73. Sitzung / Seite 36

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zu betrachten sind (siehe Entschließung des Nationalrates vom 12. Dezember 2001, III-87 d.B./XXI. GP), so wird in Anwendung des Artikel 42 Abs. 7 EUV dennoch die Frage zu stellen sein, wie sich Österreich im Anlassfall verhält. Sollte es sich dabei um eine Situation handeln, in der die Republik Österreich den Standpunkt vertritt, dass dieser im Sinne der Erwägungen die solidarische Unterstützung aus freien Stücken (und nicht als Verpflichtung) gebietet, so soll es auf verfassungsrechtlicher Grundlage möglich sein, dies zu tun und darüber hinaus auch Einheiten und Einzelpersonen zu entsenden. Dies wäre aus dem Text des Abänderungsantrags im Ausschussbericht in Verbindung mit dem Rechtsbestand des KSE-BVG nicht zulässig gewesen. Nachdem die sog. „Ständige Strukturierte Zusammenarbeit“ nicht nur im Hinblick auf Missionen nach Artikel 43 Abs. 1 EUV gesehen werden muss, sondern durch das Protokoll Nr. 10 des Vertrages von Lissabon ausdrücklich auch für „Verteidigungsfähigkeiten“ gilt, ist die verfassungsrechtliche Möglichkeit zur Mitwirkung Österreichs daran ebenfalls eindeutig zu regeln, was durch den vorgeschlagenen Abänderungsantrag zum Aus­schuss­bericht ebenfalls eindeutig durch dessen Formulierung klar gestellt ist.

Gleiches gilt für die sogenannte „Solidaritätsklausel“, die weder Bestandteil der „Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP)“ noch der „Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP)“ der Europäischen Union sind, und somit vom Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 lit. a KSE-BVG ausgeschlossen sind, aber auch von dessen lit. b und c, sofern die zur Unterstützung im Sinne des Artikels 222 VAE erfolgenden Maßnahmen über diese hinausgehen.

Auch Maßnahmen nach Artikel 43 Abs. 1 EUV zur „Terrorismusbekämpfung“ waren vom Text des Abänderungsantrages im Ausschussbericht in dessen Aufzählung im vorgeschlagenen Artikel 23j Abs. 3 B-VG nicht inkludiert und auch vom KSE-BVG nicht umfasst. Es erscheint verwunderlich, dass jene Fraktionen, die als eine der Begrün­dungen für die Neufassung der Österreichischen Sicherheits- und Verteidi­gungsdoktrin aus 2001 das Vorhandensein „neuer Bedrohungen“ formuliert haben, bei erster Gelegenheit auf die verfassungsrechtliche Absicherung zur Teilnahme Österreichs an europäischen Maßnahmen daran verzichten wollen. Dieser, dem Solidaritätsgedanken Österreichischer Sicherheitspolitik fremde, Zugang wird mit dem nunmehr vorliegenden Abänderungsantrag zum Ausschussbericht positiv bereinigt.

Die Ausweitung des Zustimmungsrechtes der sachlich zuständigen Minister zu Be­schlüssen nach dem neuen Artikel 23j B-VG entspricht den Regelungen des KSE-BVG und soll Situationen verhindern, in denen der Bundeskanzler und der Bundesminister, der für auswärtige Angelegenheiten zuständig ist, auf Ebene der Europäischen Union ohne formalisierte Mitwirkung Beschlüsse fassen, die durch Mittel anderer sachlich zuständiger Minister zu erfolgen hätte. Dies widerspricht dem Grundsatz der Ver­antwortlichkeit der „Obersten Organe“ nach Artikel 20 und 23e B-VG, welcher durch die vorgeschlagene Änderung wieder hergestellt ist.

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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Bundesminister Dr. Spin­delegger. – Bitte.

 


14.18.20

Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten Dr. Michael Spindelegger: Frau Präsidentin! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich aus Anlass dieser Debatte drei kurze Punkte einfließen! Das eine ist: Ich möchte schon noch einmal dem Hohen Haus in Erinnerung rufen, dass die Frage Subsidiarität in europäischen Verträgen nicht irgendwo herkommt, sondern auf eine österreichische Initiative zurückzuführen ist. Besonders 2006 bei der Subsidiaritäts-


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