Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll77. Sitzung / Seite 57

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Es wäre gut, und zwar sowohl in den Ländern als auch im Bund, statt zu streiten zu arbeiten, lieber Kollege Fritz Grillitsch, meine Damen und Herren von der Koalition! Das hätten wir uns erwartet angesichts dieses Reformstaus; wir haben es heute diskutiert. Wir haben heute die erste Nationalratssitzung nach der Sommerpause und hätten uns erwartet, dass die Tagesordnung voll ist, dass wir heute bis in der Früh da sitzen und lauter Gesetzesinitiativen der aktiven Bundesregierung und der Regierungs­parteien hier verhandeln. Aber: Was haben wir heute auf der Tagesordnung? Einen Gesetzesantrag, noch dazu einen etwas merkwürdigen, der vorsieht, dass jetzt Zivildiener auch Märchenbücher vorlesen dürfen und jemand, der aus Gewissens­gründen den Dienst mit der Waffe verweigert, Polizeidienst machen kann. Das ist der nächste Tagesordnungspunkt.

Eine Gesetzesvorlage haben Sie zusammengebracht, meine Damen und Herren! Erzählen Sie uns also hier nicht etwas von einer aktiven Regierung, die in der Verwaltungsreform irgendetwas beitragen und weiterbringen möchte! (Beifall beim BZÖ.)

Das ist ja ein Spiegelbild Ihrer Politik: Wir sitzen 19 Monate im Verfassungskonvent – kein Ergebnis, weil sich die Großen nicht auf eine Verfassungsmehrheit einigen können. Zwei Jahre Sonderausschuss hier im Parlament – keine Einigung. Oder: Österreich-Gespräche – wann war das letzte Österreich-Gespräch? Ich kann mich gar nicht mehr erinnern. (Abg. Kickl: Das ist schon verjährt!) Voriges Jahr irgendwann. Da ist gut diskutiert worden, aber keine Ergebnisse, nichts!

Und dann lassen wir uns noch von den Landeshauptleuten pflanzen, sage ich auf gut Wienerisch, egal, aus welchem Bundesland, die uns ausrichten: Halbiert einmal den Nationalrat! – Ja, gerne, sind wir auch dafür. Wir fangen ja immer an, mit gutem Beispiel voranzugehen, aber dann kommt ihr auch nach, liebe Kollegen in den Län­dern! Wir brauchen keine 100 Landtagsabgeordneten in Wien! Wir brauchen nicht über 1 000 Bezirksräte in Wien, Landesregierungsmitglieder, Stadträte ohne Portefeuille! In den anderen Bundesländern ist die Situation ähnlich. Da könnte man halbieren und über 240 Millionen € im Jahr einsparen. Das ist einmal ein konkreter Vorschlag, wo aber der Bund und die Länder gemeinsam Initiativen setzen müssten. (Beifall beim BZÖ.)

Wenn wir heute über das Zivildienstgesetz reden und über Verwaltungsreform dis­kutieren, höre ich jetzt in der auch schon bekannten Heeresdiskussion: SPÖ und ÖVP sind gegen eine Aussetzung der allgemeinen Wehrpflicht. Weil es halt so ist – aber ob das sinnvoll ist, darüber wird nicht mehr diskutiert. Dass allein 40 Prozent des Heeres­budgets, das wir dringend bräuchten, um die Sicherheitsstandards zu gewährleisten, für die Verwaltung dieses sinnlosen Wehrsystems aufgehen, 55 Prozent der Personal­ressourcen, das wird natürlich nicht diskutiert, denn das ist sakrosankt.

Oder etwa in der Schuldiskussion, meine Damen und Herren, hören wir die ganze Zeit nur etwas, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, nämlich dass die Verwaltung vereinfacht werden soll, dass wir zumindest eine dieser drei Schulebenen streichen, dass nicht Bund, Land und Bezirk hier zuständig sind, sondern dass es eine Bundes­kompetenz und eine Kompetenz bei den Schulen geben sollte. (Beifall beim BZÖ.) Die Direktoren sollen einmal selbständig Leistungsstandards erstellen und für einen entsprechenden Wettbewerb sorgen. Das wären interessante Ansätze, haben wir auch schon besprochen – keine Ergebnisse.

Das sollte man rasch machen, denn wir müssen ja auch über etwas anderes dis­kutieren im Schulbereich, nämlich wie man die Bildungsstandards endlich erhöht und auf internationales Maß setzt. Das ist wichtig für die Zukunft unserer Jugend, anstatt


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