Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung / Seite 75

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12.09.11

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Bundes­kanzler Faymann hat vor wenigen Wochen, als vonseiten der Wirtschaftsforscher be­kannt geworden ist, dass es möglicherweise mehr Spielraum für die Budgetgestaltung geben wird, deutlich gesagt, dass er dafür ist, diese unerwarteten Steuereinnahmen, Mehreinnahmen in den Bereich Bildung, Wissenschaft und Forschung zu investieren.

Das haben wir sehr wichtig gefunden, haben bis jetzt auf ähnliche Signale aus der ÖVP gewartet und haben heute in der Rede des Herrn Vizekanzlers zum ersten Mal auch das Bekenntnis gehört, Freiräume bei der Budgetgestaltung für Offensivmaßnah­men, die für die Zukunftsgestaltung des Landes wichtig sind, also mehr Geld für den Bildungsbereich – ausdrücklich hervorgehoben wurde auch mehr Geld für die Universi­täten – zu verwenden.

Herr Vizekanzler, das kann ich nur voll unterstützen, denn wir reden nicht nur über Bud­getgestaltung, über Sparen, wir reden auch über ganz wichtige Weichenstellungen: über die Positionierung Europas in der Weltwirtschaft in den nächsten Jahren, in den nächs­ten Jahrzehnten, und über die Positionierung Österreichs in Europa. Da ist die richtige und wichtige Antwort eine Bildungsoffensive: Geld für eine Bildungsoffensive, vom Kin­dergarten über die Schulen bis hin zu den Hochschulen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir brauchen, sehr geehrte Damen und Herren, in unserem Land tatsächlich mehr gut ausgebildete junge Menschen, und zwar nicht, damit – das ist in Österreich ein bisschen naheliegend – mehr Menschen mit Titel herumlaufen, sondern weil wir deren Qualifika­tionen in den kommenden Jahren und Jahrzehnten ganz dringend brauchen. Aber, Herr Vizekanzler, was wir nicht brauchen, ist ein Programm „Mehr Geld für die Hochschulen für weniger Studierende“. – Das, Herr Vizekanzler, wäre der falsche Weg. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Krainer: Wo ist der Vizekanzler?)

Die Maßnahmen, die Sie mit „mehr Geld für die Hochschulen“ verknüpft haben, nämlich Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen – ich weiß nicht, ob Sie sich die Auswir­kungen davon angeschaut haben, ob Sie sich die Zahlen angeschaut haben, wie weit Sie sich damit beschäftigt haben – bedeuten genau das. Das ist das Programm „Weniger Studierende“, und das wäre der falsche Weg.

Die Studiengebühren, die Sie eingeführt haben, haben zu weniger Studienanfängern in unserem Land geführt; im ersten Jahr waren es gleich minus 16 Prozent. (Abg. Mag. Hakl: Am Papier!) Nein, das waren nicht nur die berühmten Karteileichen, denn das waren ja nicht die Anfänger, sondern wirklich Leute, die dann einfach nicht begonnen haben. (Abg. Mag. Hakl: Aber mehr fertig auch! – Zwischenruf der Abg. Mag. Wurm.)

Ich frage mich immer: Was ist der berühmte Lenkungseffekt bei den Studiengebühren? – Und da habe ich am Sonntag im „Kurier“ eine deutliche Antwort von der zuständigen Mi­nisterin bekommen, die jetzt sogar höhere Studiengebühren für die beliebtesten Studien­richtungen fordert, damit – und man höre und staune! – dort weniger Menschen begin­nen. Das heißt, ganz offenherzig die klare Aussage: Studiengebühren, da­mit weniger Leute ein Studium beginnen – und das lehnen wir strikte ab, Herr Vizekanzler! (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

Sehr wohl bekenne ich mich dazu, dass diejenigen, die mehr haben, die mehr verdie­nen, die über Vermögen verfügen, mehr beitragen sollen, auch zur Finanzierung der Universitäten, zur Finanzierung des Bildungssystems insgesamt. Uns geht es um ein qua­litativ hochwertiges öffentliches Bildungssystem, das aus öffentlichen Mitteln sozial ge­recht finanziert wird. Deswegen ist auch im Zusammenhang mit einer Bildungsoffensi­ve sehr wichtig, dass auch neue Einnahmequellen für das Budget erschlossen werden, dass diejenigen, die sehr viel haben und nichts oder sehr wenig beitragen, künftig mehr zur Finanzierung auch des Bildungssystems beitragen.

 


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