Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung / Seite 171

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noch einigermaßen aufzuklären, darin, dass er von seinem Petitionsrecht, das ihm in der Verfassung garantiert ist, Gebrauch macht, um irgendetwas noch im Justizministerium in Gang zu bringen.

Meine Damen und Herren! Frau Bundesminister! Das ist ein Fall, wo es sich zeigen kann, wie sehr Sie Ihr Ministerium im Griff haben; wir werden das morgen diskutieren. Ich habe erhebliche Zweifel, dass Sie Ihr Ressort tatsächlich im Griff haben. Morgen werde ich noch ein paar andere Beispiele bringen, heute bringe ich dieses Beispiel, weil es zeigt, dass es ein schwerer Fehler war – ich habe das Kollegem Böhmdorfer im­mer wieder gesagt –, die Staatsanwaltschaft völlig aus der Kontrolle der Richterschaft im Vorverfahren herauszunehmen.

Wir werden früher oder später darüber diskutieren müssen. Und hier, in diesen Fällen, ist es besonders dramatisch, wenn es um Kinderschutz geht. Wir werden darüber dis­kutieren müssen. (Zwischenruf des Abg. Mag. Johann Maier.) – Vollkommen richtig, Kollege Maier! Vollkommen richtig! Ich war immer deiner Meinung. Ich habe deswegen eine harte Auseinandersetzung mit Kollegem Böhmdorfer gehabt. Und ich bin heute mehr denn je der Meinung, dass es ein schwerer Fehler war, die begleitende richterliche Kontrolle aus dem Vorverfahren herauszunehmen. (Abg. Ing. Westenthaler: Das sollte man sofort ändern!) Staatsanwälte können heute im Vorverfahren nahezu machen, was sie wollen, insbesondere wenn es um Einstellungen geht.

Frau Bundesminister, kommen Sie mir nicht mit den Geschichten, die Sie mir im Aus­schuss schon verkaufen wollten! Natürlich gibt es die eine oder andere Möglichkeit, aber bei Untätigkeit gibt es keine Möglichkeit, gegen die Staatsanwälte vorzugehen. Da gibt es praktisch keine Möglichkeit, gegen Verzögern, Verschleppen, Negieren, Weg­schauen vorzugehen. Wir haben ja im Untersuchungsausschuss gesehen, dass ein Staatsanwalt so lange weggeschaut hat, bis ein ehemaliger Minister gar nicht mehr be­langt werden konnte, weil die Geschichte verjährt war, weil er so ein dickes Aktenkon­volut im Akt leider übersehen hat. (Abg. Neubauer: 150 Seiten!)

Meine Damen und Herren, das ist das Problem, weil die begleitende Kontrolle durch den Untersuchungsrichter, wie wir es früher hatten, fehlt. Das ist das Erste.

Und das Zweite ist, und das halte ich für eine Sünde gegen unsere Verfassungsdog­matik: Es ist einfach absurd, dass man die Staatsanwaltschaft der Staatsgewalt der Rechtsprechung in unserer Verfassung zugeordnet hat. Das ist absurd. Die Staatsan­wälte haben sich das bestellt, ich weiß das. Die Staatsanwälte haben sich das bestellt, weil sie sich gerne der Kontrolle, insbesondere durch die Volksanwaltschaft, entziehen wollten. Ich habe harte Kämpfe ausgefochten, weil ich damals als Volksanwalt zustän­dig war für die Kontrolle der Staatsanwaltschaft. Ich musste zuerst einmal den Staats­anwälten beibringen, dass sie einer Kontrolle durch einen Volksanwalt überhaupt unter­liegen.

Wenn die einmal nachgeschaut hätten bei Antoniolli, bei Kelsen, bei Merkl, dann wären sie draufgekommen, dass sie natürlich der vollziehenden Staatsgewalt zugeordnet und zuzurechnen waren. Sie haben es später fertiggebracht, im Rahmen einer Verfassungs­novelle, die ich für absolut verunglückt halte in diesem Punkt, unter den Schirm und Schutz der Staatsgewalt der Justiz zu kommen.

Meine Damen und Herren, ich weiß nicht, wie lange es dauern wird, bis man die Staats­anwälte sozusagen überhaupt jeder Kontrolle entzieht. Ich halte das für eine fatale Ent­wicklung im Lichte der Erfahrungen, die wir im Untersuchungsausschuss gemacht ha­ben. Ich halte das für eine fatale Entwicklung im Lichte dessen, was ich selber seiner­zeit als Volksanwalt aufzuklären hatte. Aber ich halte es für eine nahezu wirklich dra­matisch fatale Entwicklung, wenn ich mir diesen Bericht des Präsidenten Rzeszut zu Gemüte führe.

 


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