Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll80. Sitzung / Seite 183

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Daher erscheint es geradezu skurril, dass wir jetzt einen Entschließungsantrag stellen, in dem das Justizministerium ersucht wird, auch im Strafverfahren eine elektronische Ak­tenführung zu machen. Das ist ja bereits im Gange, daran wird bereits gearbeitet, und es gibt eben auch schon einen Erlass der Justizministerin.

Das ist sehr eigenartig. Offenbar wollen die Regierungsfraktionen in einem Bereich, in dem man nicht streiten kann, Harmonie und Arbeitseifer zeigen. Es ist natürlich ein trau­riges Zeichen, dass das notwendig ist, aber da der Inhalt ja sinnvoll ist und wir na­türlich un­terstützen, dass es so weitergeht, stimmen wir dem zu. (Beifall bei der FPÖ.)

18.33


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Steinhauser. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Also, die Rede war gerade noch eines Notariats würdig! – Abg. Mag. Stefan: Und das heißt viel! – Heiterkeit.)

 


18.33.42

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Die Regelung, die wir heute diskutieren, nämlich diese 1 € Kopierkosten, ist mit dem letz­ten Budgetbegleitgesetz eingeführt worden. Heute gibt es fast einen Konsens dahin ge­hend, dass diese Regelung sich als nicht sinnvoll erwiesen hat. Was wäre naheliegen­der, als mit dem nächsten Budgetbegleitgesetz diese Teuerung zurückzunehmen, zumal sie sich als echter Raubzug in die Taschen der Rechtsschutzsuchenden herausgestellt hat?

Und es ist ein Anschlag auf die Mittelschicht. Ich finde es interessant, dass die ÖVP bei jeder Gelegenheit die Mittelschicht heraushält, wenn es darum geht, irgendetwas im Steuerbereich zu verhindern. Aber wen trifft es? Schauen wir uns das an: Die Kleinen erhalten Verfahrenshilfe, die Großen können es sich leisten – es trifft also diejenigen mit den mittleren Einkommen, die eben keine Verfahrenshilfe in Anspruch nehmen können. Das ist Faktum.

Wenn wir über die Vermögensteuer debattieren, wo es eigentlich keine Mittelschicht gibt, weil das Vermögen bei den Reichsten konzentriert ist, wird die Mittelschicht von der ÖVP herausgehalten, und bei den Rechtsschutzsuchenden wird die Mittelschicht gera­dezu ausgeplündert.

Das Schlechte daran ist – und das ist jetzt der justizpolitische Teil –, dass das ja als Fi­nanzierung gedacht gewesen ist. Man hat damals, beim letzten Budget, versucht, je­den Cent zusammenzukratzen. Es hat aber nicht nur einen Finanzierungseffekt, son­dern es hat auch einen Lenkungseffekt. Der Lenkungseffekt ist, dass Rechtsschutz­suchende weniger kopieren, und das kann nicht Sinn und Zweck der Regelung sein, weil wir im Sinne eines fairen Verfahrens natürlich wollen, dass sich alle Parteien ord­nungsgemäß vorbereiten können. Anwälte und Anwältinnen sagen, gerade in den auf­wendigen Wirtschaftscausen ist das ein massives Problem, weil die Aktenteile mehrere tausend Seiten dick sind, und wenn man die kopiert, dann kostet das mehrere tausend Euro.

Ich halte das für einen schlicht untragbaren Zustand. Ich finde die Antwort des elektro­nischen Akts ja nicht schlecht. Grundsätzlich ist das ein sinnvoller Weg, ein Weg, der zukunftsorientiert ist, nur zweifle ich daran, dass die Umsetzung schnell gelingt, obwohl ich weiß, dass schon lange darüber debattiert wird.

Ich glaube, man sollte in einem ersten Schritt im Budgetbegleitgesetz diese sinnlose Maß­nahme zurücknehmen, die Rechtsschutzsuchende behindert, und in einem zweiten Schritt wäre es natürlich begrüßenswert, im Sinne einer Kosteneinsparung in der Verwaltung, im Sinne einer modernen Verwaltung, im Sinne einer E-Government-Strategie den elektro­nischen Akt umzusetzen.

 


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