Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll83. Sitzung / Seite 110

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über unsere Krankenkassenstruktur hinwegfährt. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Höfinger. – Ruf bei der ÖVP: Jawohl!)

13.43


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Karlsböck. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.43.19

Abgeordneter Dr. Andreas Karlsböck (FPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Meine Damen und Herren! Wir treten für eine solidarisch gesicherte, medizinisch notwendige Gesundheitsversorgung aller Bürger ein. Da sind wir uns, so glaube ich, einig. Wir wollen keine Zwei-Klassen-Medizin. Wir wissen, dass unser Gesundheitssystem eines der besten der Welt ist. Wir wissen aber auch, dass die Finanzierung für die Zukunft derzeit leider nicht gesichert ist.

Unlängst bei einer Veranstaltung hat jemand eine interessante Rechnung aufgestellt mit der Lebenserwartung. Ich habe mir das aufgeschrieben. Wir werden täglich um sechs Stunden lebenserwartungstechnisch älter. Da heißt, unsere Lebenserwartung steigt täglich um sechs Stunden. Im Jahr sind das 90 Tage, und in zehn Jahren zweieinhalb Jahre. Dieses demographische Problem zu lösen, ist die größte Heraus­forderung der nächsten Jahre. Den Föderalismus im Gesundheitswesen werden wir uns auf Dauer nicht leisten können.

Herr Minister, Ihr Vorstoß, die Krankenanstaltengesetze zusammenzulegen, ist ein richtiger, ein erster Schritt in die richtige Richtung. Wir haben Ihnen auch ausrichten lassen, dass wir das mittragen werden.

Aber in diesem Zusammenhang muss man natürlich auch über die Zusammenlegung der Krankenkassen – auch wenn es hier natürlich Probleme gäbe, wenn das durch­geführt werden würde – sprechen. Wir müssen über die Vereinheitlichung des Leis­tungs­katalogs sprechen. Wir müssen die Abgabe von versicherungsfremden Leistun­gen ansprechen, wenn es um die Finanzierung des Gesundheitssystems geht, um alle diese Maßnahmen zusammenzunehmen, um ohne zusätzliche Beiträge und Steuermittel den gewohnten hohen Standard aufrechterhalten zu können.

Das Sparen am falschen Platz muss beendet werden. Leistungskürzungen oder Selbstbehalte kann man nicht als Sparen bezeichnen. Klassisches Beispiel für das Sparen am falschen Platz sind die Medikamentenkosten. Wenn heutzutage innovative Medikamente, die den betroffenen Patienten ihre Leiden erleichtern, von den Kassen nicht mehr bezahlt werden, dann ist das keine Einsparung, sondern schlichtweg eine Leistungskürzung.

Der Weg ist ganz klar gezeichnet: zentralisieren und zusammenlegen im Sozial- und Gesundheitssystem. Wir müssen – das ist mir jetzt wirklich ein Anliegen – auch heilige Kühe in Frage stellen. Heute ist es ja so, dass wir unser System durch ein Umlage­verfahren finanzieren, das einseitig an den Faktor Arbeit gekoppelt ist. Das wird in Zukunft aus verschiedensten, allen hier bekannten Gründen nicht mehr funktionieren. Hier muss die Basis der Finanzierung deutlich erweitert oder sogar durch andere Formen wie zum Beispiel ein ergänzendes Kapitaldeckungsverfahren ergänzt werden. In weiterer Folge muss auch überlegt werden, ob das Äquivalenzprinzip – oder auch die Kopfpauschale – punkto Gerechtigkeit und sozialer Treffsicherheit dem Solidaritäts­prinzip – oder dem Solidarprinzip – in der Finanzierung nicht doch überlegen ist.

Ich sehe gerade in der jetzigen Situation hervorragende Ansätze, das derzeitige Sachleistungsprinzip im schon heute sehr begrenzten Leistungskatalog durch das Kostenerstattungsprinzip zu ersetzen. Der Wert des Kostenerstattungsprinzips in der Medizin liegt darin, dass es dem Versicherten die Tür zu medizinischem Fortschritt


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