Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll85. Sitzung / Seite 96

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13.37.18

Abgeordneter Hannes Weninger (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Außen­minister! Herr Botschafter! Die Einbeziehung der Balkanregion in den europäischen In­tegrationsprozess hat in den letzten Jahren wesentlich zur politischen und demokrati­schen Stabilität in Südosteuropa sowie zum eindrucksvollen wirtschaftlichen Aufholpro­zess der Region beigetragen. Somit ist die Annäherung der Westbalkanstaaten an die Europäische Union und an die internationale Staatengemeinschaft seit der Beendigung der deutsch-französischen Erbfeindschaft und der Überwindung des Ost-West-Kon­flikts das aktuell wohl wichtigste Friedensprojekt in Europa.

Das heute zu beratende und zu beschließende Stabilisierungs- und Assoziierungsab­kommen der EU und ihrer Mitgliedstaaten auf der einen Seite und der Republik Ser­bien auf der anderen Seite soll diese positive Entwicklung seit dem Ende der Balkan­kriege in den neunziger Jahren weiter beschleunigen und verfestigen. Seit 1999 hat der mit Bosnien-Herzegowina, Kroatien, der Bundesrepublik Jugoslawien, der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien und Albanien und ab 2005 mit Serbien und Mon­tenegro aufgenommene Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess neue Perspektiven für eine weit reichende Partnerschaft mit den genannten Staaten Südosteuropas ermög­licht.

Wie meine Vorredner möchte auch ich nicht unerwähnt lassen, dass dieser Prozess nicht immer geradlinig und ohne Brüche verlief. So wurden die Verhandlungen mit Ser­bien als Rechtsnachfolger des Staatenbundes Serbien und Montenegro von 2006 bis 2007 aufgrund mangelnder Zusammenarbeit mit dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien – dem sogenannten Haager Tribunal – und aufgrund der serbischen Haltung in der Kosovo-Frage ausgesetzt.

Mit der signalisierten Kooperationsbereitschaft Serbiens zum Dialog zwischen Belgrad und Priština, die zur mit der EU koordinierten Kosovo-Resolution der UN-Generalver­sammlung vom September dieses Jahres geführt hat, mit der Neutralitätserklärung von 2007, der sicherheitspolitischen Integration in die Partnerschaft für den Frieden, mit dem vorbildlichen Minderheitenrätegesetz vom August 2009, auf dessen Basis 19 na­tionale Minderheiten Selbstverwaltungsorgane für die Bereiche Kultur, Bildung und Me­dien wählen können, mit dem Ende der Visapflicht für serbische Bürger und dem serbi­schen EU-Beitrittsantrag vom Dezember 2009 zeichnet sich eine für beide Seiten sehr dynamische und erfolgversprechende Annäherung Serbiens an die EU ab.

Der nun wieder einsetzende SAA-Prozess soll die demokratische Verfasstheit stärken, die soziale und wirtschaftliche Lage verbessern helfen und die serbische Politik und Zi­vilgesellschaft in ihren Reformbemühungen motivierend unterstützen. Diese Reformbe­mühungen werden von uns unter anderem auch am Fortschritt im Kampf gegen Kor­ruption und organisierte Kriminalität und an der hoffentlich bald erfolgenden Verhaftung und Auslieferung der flüchtigen Kriegsverbrecher Mladić und Hadžić gemessen werden.

Kollege Schüssel hat es bereits angesprochen: Es ist da natürlich auch ein tatsächli­ches wirtschaftliches Interesse Europas und vor allem Österreichs vorhanden. So hat sich das österreichische Außenhandelsvolumen im Zeitraum 2000 bis 2008 mit einem Exportplus von über 150 Prozent fast verdreifacht. Nach den dramatischen Import- und Exporteinbrüchen im Jahr 2009 rechnen Wirtschaftsforscher, dass das Außenhandels­volumen bereits in absehbarer Zeit wieder das Niveau von 2008 erreichen wird.

Die Region ist allerdings nicht nur ein wichtiger Handelspartner, sondern auch ein inter­essanter Investitionsstandort. Österreich zählt zu den internationalen Topinvestoren und liegt in Kroatien, Bosnien und Herzegowina sowie in Serbien unangefochten auf Platz 1, und ich denke, dass wir diese wirtschaftliche Situation – besonders im Umwelt- und Ener­giebereich – weiter ausbauen werden.

 


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