Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 63

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der Staat durch Umverteilung mittels Transfermaßnahmen eingreift, verschiebt sich die­ses Segment. Das heißt, die Menschen, die sonst nur 14 Prozent Zugriff hätten, haben dann 23 Prozent, die, die 29 Prozent hätten, haben 30 Prozent, und bei denen, die 57 Pro­zent hätten, sind es 46 Prozent. Das heißt, das, was das Steuersystem nicht schafft, ver­suchen wir durch Transferleistungen auszugleichen.

Und wir sehen, dass dieses System auch wirkt, und um dieses System beneidet uns nicht zuletzt ganz Europa. Wir sind mit einer vernünftigen Arbeitsmarktpolitik, mit einer sehr proaktiven Arbeitsmarktpolitik und mit Investitionen in Sozialtransfers äußerst gut durch diese Krise gekommen. (Beifall bei der SPÖ.)

Und nicht zuletzt ist es diesem Umstand auch zu verdanken, dass das Sparbudget, das der Finanzminister heute vorgelegt hat, ein sehr mildes ist im Vergleich zu dem, was an­dere Staaten rund um uns machen können und machen müssen. (Abg. Mag. Josef Auer: Das ist eine Sensation!)

Ich habe schon gesagt, der Ausgleich funktioniert über den Sozialtransfer. Ein paar Zah­len, die vor allem auch die Unterschiede zwischen der Situation von Männern und Frauen aufzeigen:

In Österreich hat jeder siebente unselbständig erwerbstätige Mann ein Einkommen über der Höchstbeitragsgrundlage, aber nur jede 24. Frau. Die progressive Wirkung, die Lohn­steuern haben, nämlich dass die, die mehr verdienen, auch mehr bezahlen, sollte ei­gentlich den Einkommensunterschied verringern. Das funktioniert jedoch nicht, weil die regressive Wirkung von Sozialversicherungsbeiträgen dies nahezu aufhebt. Und Steu­erbegünstigungen, wie sie im Bereich der Lohnsteuer für viele notwendig sind, sind für Frauen, da sie meistens keine Lohnsteuer zahlen, wirkungslos.

Eine Erhöhung von indirekten Steuern, wie sie auch in der Frage der Budgeterstellung angedacht war, nämlich in Form der Mehrwertsteuererhöhung, würde genau diese Men­schen, nämlich Menschen mit niedrigem Einkommen, noch mehr belasten.

Ich erinnere an die im Zusammenhang mit dem Transferkonto vor allem von der Indus­triellenvereinigung damals geprägte Frage der Unterscheidung zwischen Nehmern und Gebern im System. Wenn man dieses System betrachtet, dann muss man dieses Sys­tem über das ganze Leben betrachten. Wir alle sind irgendwann einmal Nehmer (Abg. Ing. Westenthaler: Nein, Sie sind dauernd Nehmer! Der Finanzminister ist Nehmer!), nämlich am Anfang unseres Lebens, wir sind Geber während unseres Erwerbslebens, und wir sind wieder Nehmer, wenn wir in Pension gehen.

Wenn jemand, so wie der Präsident der Industriellenvereinigung, 25 Jahre alt war, als er ins Berufsleben eingetreten ist, so ist er deshalb nicht ein größerer Nehmer als der ÖGB-Präsident, der mit 16 Jahren ins Erwerbsleben eingetreten ist, denn das nivelliert sich während des Lebens. Und, wie gesagt, ich wünsche beiden ein langes Leben in Ge­sundheit, sodass sie möglichst lange nicht zu Konsumenten werden. Das heißt, eine Unterscheidung zwischen Nehmern und Gebern hochzuziehen ist zynisch.

Lassen Sie mich noch ein letztes Wort auch zum Wording des Herrn Finanzministers in seiner Budgetrede sagen. Er hat gesagt, nur wo es Wohlstand gibt, kann es auch Wohl­fahrt geben. – Sehr geehrter Herr Finanzminister! Ich kann Ihnen wirklich versichern, und seien Sie sich dessen sicher: Es wird mit der SPÖ keinen Wohlfahrtsstaat geben. Wir sind keine Partei, wo Almosen an Menschen verteilt werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Wofür wir stehen, das ist ein ausgewogener Sozialstaat: ein Staat, wo die, die gesund sind, für die da sind, die krank sind; wo die, die mehr haben, für die da sind, die weni­ger haben; wo die, die Arbeit haben, für die zahlen, die keine Arbeit haben. Einen Al­mosenstaat wird es mit der SPÖ nicht geben! (Beifall bei der SPÖ.)

11.30

 


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