Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll86. Sitzung / Seite 166

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Zum Wohle der Kinder fordert das BZÖ eine verpflichtende und uneingeschränkte An­zeigepflicht bei Verdacht auf Missbrauch von Minderjährigen.

Denn die bisherigen Regelungen betreffend eine Anzeigepflicht bei Verdacht auf Miss­brauch von Minderjährigen sind nicht ausreichend. So normiert § 54 Abs. 5 des Ärz­tegesetzes, dass ein Arzt, für den sich in Ausübung seines Berufes der Verdacht er­gibt, dass ein Minderjähriger misshandelt, gequält, vernachlässigt oder sexuell miss­braucht worden ist, grundsätzlich Anzeige an die Sicherheitsbehörde zu erstatten hat. Gegen diese Regelung spricht zunächst die Einschränkung des Anwendungsbereiches auf Ärzte. Des Weiteren ist mit mehr als 13 000 Unterstützern der von Roman Ertl ins Leben gerufenen Bürgerinitiative abzulehnen, dass eine Ausnahmemöglichkeit für Fäl­le besteht, in denen sich der Verdacht gegen einen nahen Angehörigen (§ 166 StGB) richtet. Hier kann die Anzeige so lange unterbleiben, als dies das Wohl des Minderjäh­rigen erfordert und eine Zusammenarbeit mit dem Jugendwohlfahrtsträger und gegebe­nenfalls eine Einbeziehung einer Kinderschutzeinrichtung an einer Krankenanstalt er­folgt. Dagegen spricht insbesondere, dass 80 bis 90 Prozent der Missbrauchsfälle im familiären Umfeld stattfinden.

Alles in allem erfordern die Wichtigkeit und der Rang der geschützten Kinder eine aus­nahmslos gegenüber allen Personen geltende, ausnahmslose Anzeigepflicht. Das BZÖ ordnet nämlich das Wohl der Kinder als primär zu schützendes Schutzgut ein und for­dert, dass zu dessen wie auch immer gearteten Erhaltung und Verteidigung eine unein­geschränkte Verpflichtung bestehen muss.

Aus den genannten Gründen stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, durch den eine verpflichtende und uneingeschränkte Anzeigepflicht bei Verdacht auf Miss­brauch von Minderjährigen in der Strafprozessordnung normiert wird.“

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Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

 


17.10.32

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Ho­hes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Übereinkommen des Euro­parates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch ist ein umfassendes Abkommen. Auf europäischer Ebene gibt es bereits einen Rah­menbeschluss, und auf EU-Ebene wird eine neue Richtlinie des Europäischen Parla­ments und des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern und der Kinderpornografie zum gegenwärtigen Zeitpunkt ge­rade diskutiert.

Erlauben Sie mir, um die Dimension von Kindesmissbrauch, von sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch vor Augen zu führen, kurz auf einen Bericht der EU-Kom­mission einzugehen. Nach Angaben der EU-Kommission sind weltweit 1,2 Millionen Kin­der und Jugendliche Opfer von Menschenhändlern. Die meisten von ihnen werden in der Prostitution – nämlich 43 Prozent – oder als Arbeitskräfte und Zwangsarbeiter – das sind zirka 32 Prozent – ausgebeutet.

 


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