Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll90. Sitzung / Seite 62

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ihn hier wörtlich –: „Die PISA-Ergebnisse beruhen vor allem auf den Lesemängeln und das wird in der Volksschule gelehrt.“

Nein, Herr Vizekanzler, Lesemängel werden in unseren Volksschulen nicht gelehrt. Das Lesen wird in unseren Volksschulen gelehrt, und das leider nicht in jenem Ausmaß, das notwendig wäre.

Ein bisschen eleganter hat es heute Klubobmann Kopf ausgedrückt. Er hat weniger holprig argumentiert, aber leider auch gemeint, dass dieses Budget in diesem Zusam­menhang alternativlos sei und – ich zitiere hier auch –: Der Ansatz Gesamtschule ist zu simpel. Schuld ist die Volksschule. – Wir haben unsere familieninternen weih­nacht­lichen Treffen nie durchführen können ohne politische Diskussionen. Wir werden es auch künftig nicht tun können, denn, Karlheinz, es ist so, dass nicht die Volksschulen schuld sind am PISA-Desaster. Schuld ist das, was in der Vergangenheit gemacht worden ist.

Ich erinnere daran, dass zwei Stunden querbeet gekürzt wurden – Unterrichtsministerin Gehrer –, ohne hinzuschauen, auch in den Volksschulen. – Dann bitte nicht wundern, wenn die Ergebnisse schlechter werden! Das ist eigentlich die logische Folge davon.

Kontraproduktiv ist in den Volksschulen auch – und das haben Sie verstärkt mit Ihrer Politik – der Notendruck. Wir üben auf sechs-, sieben-, achtjährige Kinder Druck aus, den es in dieser Form international nirgends mehr gibt. Die Lehrkräfte sind verurteilt, das zu exekutieren, und dann wundern wir uns, wenn die Lesekompetenz sinkt, weil die Kinder Angst haben. Jeder Schulpsychologe sagt Ihnen, dass das so nicht geht.

Wir brauchen eine Schule – ich habe gesehen, dass es sie in vielen Ansätzen schon gibt; vieles von dem, was wir als grüne Schule bezeichnen, wird an den Volksschulen umgesetzt –, in der man individuell auf die Schüler eingehen kann, eine Schule, in der man schulstufenübergreifend unterrichten kann, eine Schule, in der man nicht sinnlosen Druck ausübt, sondern wirkliche Kompetenzen vermittelt.

Wenn Sie von grünem Aktionismus sprechen, den wir praktizierten: Nein, wir üben hier Parlamentarismus aus. Wir werden Ihnen morgen und übermorgen Entschließungs­anträge sonder Zahl bringen, in denen wir ganz genau festlegen, was zu tun ist. Es liegt an Ihnen, darauf einzugehen, und ich möchte Sie schon bitten, in einen konstruk­tiven Dialog mit uns einzutreten und nicht wie bislang einfach mit der Walze drüberzufahren, zu kürzen, wo man nicht kürzen darf – nämlich im Bildungsbereich –, und uns dann Vorschläge zu machen.

Ich mache Ihnen übrigens auch Vorschläge, wo Sie kürzen können. Wir haben ein viergliedriges System bei den 10- bis 14-Jährigen: viermal Schulverwaltung, viermal verschiedene Konzepte, viermal verschiedene Schulstandorte – all das können wir beseitigen. Der Rechnungshof bestätigt das, was wir sagen: Da sind Hunderte von Millionen einzusparen, und diese Millionen brauchen wir dringend für unser Bildungs­system.

Geben Sie sich einen Ruck! Vielleicht gibt es so etwas wie ein Weihnachtswunder. Kollege Schultes hat von einem Punkt der Neubesinnung gesprochen, vielleicht gibt es den auch im Bildungsbereich. Wir stehen bereit für eine konstruktive Arbeit in diesem Bereich, und wir wollen das österreichische Schulwesen in wirklich grundlegender Art und Weise reformieren. Wir sind bereit. Treten Sie mit uns in diesen Dialog, dann bringen wir etwas vorwärts für Österreich! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

12.06


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Scheibner. – Bitte.

 


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