Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 85

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3.00.55

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Justizministerin! Es ist ungewöhnlich, dass eine Budgetrede eines Oppositionellen mit einem kleinen Dank beginnt, bei Ihnen mache ich das aber. Ich möchte mich dafür bedanken, dass Sie mir relativ unbürokratisch die schriftlichen Beantwortungen der Budgetanfragen zur Verfügung gestellt haben – auch beim Kabi­nettchef Krakow –, denn der Zeitplan des Parlaments war so knapp, dass eine sinnvol­le Auseinandersetzung nicht möglich gewesen wäre, wenn Sie da dem Parlament nicht entgegengekommen wären.

Das ist aber auch schon das Ende meines Lobes. Das ermöglicht natürlich auch – und das ist in der Demokratie wichtig –, die Fragen auf die Waagschale zu legen und auch kritisch zu wiegen. Den Befund, der vom Kollegen Donnerbauer hier gestellt wurde, dass die Personalsituation bei der Justiz so gut wäre, teile ich überhaupt nicht. Es hat im Jahr 2009 die Personalanforderungsrechnung gegeben. Die Ergebnisse waren er­schreckend.

Es gibt an den Landesgerichten, Bezirksgerichten, bei den Staatsanwältinnen und Staatsanwälten eine Überlastung von 100 bis 120 Prozent. Jetzt gibt es ein paar Plan­stellen mehr, das ist schon richtig. Die werden aber überwiegend im Bereich der Wirt­schaftskriminalität eingesetzt werden. In den ganz sensiblen Bereichen, bei der Fami­liengerichtsbarkeit, wo die Belastung enorm ist, wo man monatelang auf Besuchs­rechtsentscheidungen warten muss, ändert sich gar nichts.

Zweiter Punkt: der Amtstag. Sie haben im ursprünglichen Entwurf des Budgetbegleit­gesetzes den Amtstag abschaffen wollen. Das wäre fatal gewesen, weil Sie damit wei­ten Bevölkerungsschichten den Zugang zum Recht erschwert hätten. Da hat es Protest gegeben, Sie haben das zurückgezogen. Das war richtig. Nur stelle ich fest: Im Budget hat das keine Auswirkungen. Also entweder sind die in Aussicht gestellten Einspa­rungen ohnedies nicht vorhanden gewesen, oder es gibt zwar potentielle Einspa­rungen, durch die Zurücknahme gibt es aber jetzt keine Änderungen im Budget. Das heißt, dass die Abwicklung des Amtstages hochproblematisch werden wird und dass Sie dann den Bezirksgerichten ein Chaos hinterlassen. Ich vermute das.

Dritter Punkt: die Situation beim Verein NEUSTART. Der Verein NEUSTART leistet wichtige Arbeit. In den letzten zehn Jahren, Sie wissen das, wurden dort 25 Prozent des Personals eingespart, obwohl die Leistungen um 75 Prozent zugenommen haben. Allein in den letzten zwei Jahren wurden in der Bewährungshilfe 10 Prozent des Perso­nals gekürzt. Wir haben hier im Parlament das Haftentlastungspaket beschlossen. Das heißt, wir haben zusätzliche Aufgaben für den Verein NEUSTART geschaffen, der aber im Verhältnis immer weniger Personal hat.

Wo führt das hin? Weniger Personal, mehr Aufgaben heißt zwangsläufig weniger Qua­lität. Das ist weder im Sinne der Bevölkerung, noch im Sinne der Kriminalpolitik. Die ersten Ergebnisse sieht man: Die Intensivbetreuung bei der Bewährungshilfe hat abge­nommen. Nur mehr ein Drittel aller Bewährungshilfefälle werden in Intensivbetreuung geführt. Da sind Sie in der Verantwortung, und Sie haben im Ausschuss keinerlei Ver­ständnis für unsere Kritik gezeigt. Sie sagen, die bekämen eh in etwa gleich viel wie bisher. Ich erinnere noch einmal: Die Aufgaben haben zugenommen.

Das andere ist Folgendes: Wenn für personalintensive Aufgabenbereiche, wie sie der Verein NEUSTART ausführt, gleich viel Geld fließt, dann ist das aufgrund der Perso­nalsteigerungen eine relative Kürzung. Vergessen Sie das nicht! NEUSTART ist kein Einzelfall, die gleiche Situation gibt es bei den Sachwalterschaftsvereinen. Die müssen jede zweite Anfrage ablehnen und können die Sachwalterschaft nicht übernehmen. Die Clearingstellen können nicht ausgebaut werden. Das Gleiche passiert bei der Prozess-


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