Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll91. Sitzung / Seite 158

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Ein Beispiel dafür ist, dass vor allem jetzt in der Weihnachtszeit viele Einkäufe nicht bei uns, sondern eben im benachbarten Ausland getätigt werden und dass saisonunab­hängig auch die Sozial- und Gesundheitsleistungen im Ausland konsumiert werden.

Ich erwarte mir von einer aktiven Wirtschafts- und Sozialpolitik, dass hier gegenge­steuert wird, und ich kann nicht verstehen – ich habe das an diesem Ort schon viele Male gesagt –, dass genau in diesem Punkt keine Verbesserungen angedacht werden, sondern sogar noch Aktionen gesetzt werden, die die ganzen Auswirkungen noch ver­schärfen.

Ein Beispiel möchte ich nur nennen, das Sie auch alle kennen: Wenn ein Mensch in Österreich eine Zahnprothese benötigt, dann geht er zu seinem Zahnarzt und bezahlt dort einen gewissen Betrag, den wir Selbstbehalt nennen. Wenn er nach Ungarn fährt und dieselbe Leistung dort in Anspruch nimmt, zahlt er auch einen gewissen Betrag, bekommt aber den gesamten Betrag vollständig von seiner Krankenkasse retourniert. Und ich sage Ihnen, die Konsequenzen sind keine Kleinigkeit, sondern die Konsequen­zen sind Kaufkraftausfälle, Steuerausfälle und Kaufkraftabfluss. Viele Menschen trifft das wirklich bis ins Mark. Ich kann nicht verstehen, dass ein aktiver Sozialpolitiker die­se Verwerfungen einfach in Kauf nimmt und hier keine gegensteuernden Maßnahmen setzt. (Beifall bei der FPÖ.)

In Sonntagsreden wird andauernd davon gesprochen, dass wir das beste Gesundheits­system der Welt haben. Das stimmt, aber es gibt eben auch diese Randbereiche, wo das nicht der Fall ist: Wenn Sie zum Beispiel, wie schon gesagt, diese Rechnungen bei der Krankenkasse einreichen, bekommen Sie das Geld zu 100 Prozent zurück.

Herr Minister, ich bin überzeugt davon, dass Ihnen diese Situation, der diese Men­schen ausgesetzt sind, auch nicht angenehm ist, aber ich glaube doch und unterstelle das vielen Sozialpolitikern, dass sie sagen, wir wissen um dieses Problem, haben aber nicht genügend Geld zur Verfügung, um in diesem Segment einzugreifen. Die Men­schen haben ein Ventil, und dieses Ventil können sie nutzen, indem sie eben nach Un­garn fahren und sich die Prothesen dort anfertigen lassen.

Sie, Herr Minister, nehmen das billigend in Kauf, dass es eine Gruppe von Menschen gibt, die sozial schwach sind, die dieses Mühsal auf sich nehmen müssen. Es ist ja schließlich auch mit Risken verbunden. Und die anderen, die es sich leisten können, können diese Leistungen in Österreich in Anspruch nehmen. Das, finde ich, ist eine ver­fehlte Sozialpolitik.

Der dritte Punkt, warum wir sagen, dass Österreich vom Verlust des Wohlstands be­droht ist, ist jener, dass die Menschen aus dem ehemaligen Osten ab 1. Mai massiv in unser Sozialsystem einwandern werden. Die Menschen interessieren keine theoreti­schen Abhandlungen, sondern sie interessiert aktive Sozialpolitik, die sich an den rea­len Problemen orientiert und die Alltagssorgen mindert. Es müssen daher im Sozialbe­reich für unsere Menschen Maßnahmen ergriffen werden, damit es nicht mehr nötig ist, Österreich zu verlassen, um die notwendigen sozialen und medizinischen Leistungen zu erhalten. (Beifall bei der FPÖ.)

11.38


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

 


11.38.11

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren an den Fernsehschirmen, auf der Galerie! Hohes Haus! Seit 1955 wird in diesem Haus Sozialpolitik gemacht, seit dem Beschluss des Allgemeinen So­zialversicherungsgesetzes. Ich denke, die Sozialpolitik in Österreich ist nicht fehlerfrei,


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