Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 59

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

Nachdem Sie gestern in der Hofburg bei Ihrem Neujahrsempfang bei tollem Buffet großartig gefeiert haben – während Sie die österreichische Bevölkerung durch Steuer­erhöhungen belastet haben –, sollten Sie wenigstens ein bisschen in sich gehen und jetzt doch auch die eigene Bevölkerung wieder in den Vordergrund stellen. (Beifall bei der FPÖ.) Es handelt sich nicht um eine Kleinigkeit, sondern um 750 Milliarden € für einen permanenten Euroschutzschirm. Darum geht es.

Wir haben ja schon in der Vergangenheit erlebt, dass Sie mit österreichischen Steuer­geldern sehr salopp umgegangen sind. Wir als Nettozahler hatten für Bankenhilfs­pakete aufzukommen, wobei die Bevölkerungen keinen Vorteil daraus gezogen haben. Die griechischen Bürger haben keine Unterstützung erhalten, es sind stattdessen natürlich Bankenhilfspakete durch die Hintertür beschlossen worden – milliardenhohe Hilfsspritzen, die wir Steuerzahler in Österreich letztlich geleistet haben. Durch Ihre Be­schlüsse haben wir Banken aufgefangen, die vormals ordentlich und munter spekuliert haben. Es kann nicht die Aufgabe der Österreicher sein, Banken, die unverantwortlich spekuliert haben, aufzufangen, und zwar französische und andere europäische Banken, die von diesem Rettungspaket profitiert haben.

Warum soll sich Österreich überhaupt an der Rettung von Hedgefonds und Großban­ken beteiligen? Warum? Warum?! Das müssen Sie der eigenen Bevölkerung einmal glaubwürdig erklären. Warum soll der österreichische Steuerzahler überschuldeten Staaten helfen, die nicht bereit sind, Reformschritte zu setzen? Sie müssen auch erklären, welche Sicherheit für das Geld, das wir schon geleistet haben, vorhanden ist, damit wir das jemals zurückbekommen. Diese Sicherheit sehe ich nämlich nicht. Ich gehe davon aus, dass wir dieses Geld nie wiedersehen werden.

Es ist unseriös und fahrlässig, weiter so fortzufahren. Ich fordere daher Ihr gegebenes Wort ein: Volksabstimmung so schnell wie möglich, und zwar in allen Bereichen, wo es Änderungen des Lissaboner Vertrages gibt, und auch in allen anderen Bereichen, wo die österreichische Bevölkerung massiv berührt ist. (Beifall bei der FPÖ.)

10.35


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu einer einleitenden Stellungnahme hat sich Herr Bundeskanzler Faymann zu Wort gemeldet. Die Redezeit soll 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte.

 


10.36.06

Bundeskanzler Werner Faymann: Frau Präsidentin! Staatssekretäre! Herr Minister! Sehr verehrte Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Bei der Frage, welche Ände­rungen in Europa bevorstehen, ist es natürlich auch legitim, die Frage zu stellen, wie die Länder in diese Entscheidungen eingebunden werden sollen, und vor allem, wie innerhalb der betroffenen Länder ein Entscheidungsprozess abgewickelt wird, der dann zu einem gemeinsamen Ergebnis in Europa führen soll. Dass ich prinzipiell zu jenen gehöre, die Volksbefragungen und Volksabstimmungen nicht negativ gegenüber ste­hen, sondern sie immer als einen möglichen Entscheidungsprozess mitdenken, wissen Sie. (Abg. Vilimsky: Nein, wissen wir nicht!) Das betrifft eine Reihe von Themen. Dass ich natürlich nicht sagen würde, dass das unabhängig vom Inhalt zu bewerten ist, ist auch verständlich und kann an einem einfachen Beispiel demonstriert werden.

Ich bin schon vor Jahren, aber natürlich auch jetzt immer wieder gefragt worden, ob es im Falle eines Beitritts Kroatiens eine Volksabstimmung braucht. Ich habe nicht zu allen konkreten Beispielen Stellung genommen, aber das war so eines. Ich habe damals wie heute gesagt, nein, das braucht es nicht. Wenn jemand aber die Idee hätte, dass die Türkei der Europäischen Union beitreten soll, habe ich klargestellt – ohne irgendeine Meinung abzuändern, umzuinterpretieren oder sonst wie weiterzuent-


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite