Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 66

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sind, und daher weiter in Richtung Schwächung unserer eigenen Position. Denn eines muss klar sein: Wir sind und werden in diesem Europa mit Sicherheit in den nächsten 50 Jahren oder in den nächsten zwei bis drei Generationen nicht die Empfänger, sondern die Zahler und die Zahlmeister sein, denn unser Wirtschafts- und Gesell­schaftssystem gehört mit den meisten nord- und zentraleuropäischen zu den stabilen und gelungenen, und die Gesellschaftsmodelle, die wir in den nächsten Jahren in die EU dazubekommen werden, gehören mit Sicherheit nicht in diese Gruppe. Wir werden, wenn wir in Zukunft einmal Bulgarien oder Rumänien oder andere Länder, die ich jetzt gar nicht anführen werde, in die Euro-Zone aufnehmen, sicher keine Nettozahler und keine Horte der Stabilität hineinbekommen.

Kollege Cap hat klar gesagt, dass er nicht will, dass es dazu kommt, dass sich Europa künftig in die wirtschaftlichen Belange, in die sozialen Belange, in die steuerlichen Belange der Mitgliedsländer einmischt. – Warum wird dann nicht die Reißleine gezo­gen, warum marschieren wir dann mit? Wir sind auf dem Weg in eine europäische Wirtschaftszentralregierung. Dieser sogenannte Stabilitätsfonds, diese EFSF, also diese Europäische Finanzmarktstabilisierungsfazilität, ist ja nichts anderes als ein erster großer Fonds für eine zentrale Finanzierung der Europäischen Union. Das ist nicht etwa ein Rettungs- und Notschirm – es war einmal ein kurzfristiger Rettungs- und Notschirm –, sondern es geht jetzt um die Änderung des Vertrages zur dauerhaften, institutionalisierten Schaffung dieses Zahlungsfonds, der im Wesentlichen von Staaten wie Österreich und Umgebung gespeist wird und Staaten wie Griechenland und Co, später auch einmal Rumänien und Bulgarien, finanziert. Um einen solchen Fonds zu managen, einen Fonds in diesen gigantischen Dimensionen – wir reden von 475 Mil­liarden; das ist aber erst der Anfang; Sie wissen genau, dass die Führungs­spitze der EU bereits von 1,5 Billionen redet –, wird man eine Zentralregierung wollen. Und warum sollte zu einer solch zentralen Weichenstellung nicht die Bevölkerung befragt werden? (Präsidentin Mag. Prammer gibt das Glockenzeichen.)

Frau Präsidentin, ich darf noch eines sagen, noch an eines erinnern: Herr Bun­deskanzler, Sie waren selbst dabei, als im September 2008 einem Antrag zugestimmt wurde, worin die Bundesregierung aufgefordert worden ist, alle notwendigen Maß­nahmen zu setzen, um sicherzustellen, dass zukünftige wesentliche Änderungen der Verträge über die Europäische Union und über die Arbeitsweise der Europäischen Union, die österreichische Interessen berühren, durch eine Volksabstimmung in Öster­reich entschieden werden. (Präsidentin Mag. Prammer gibt neuerlich das Glocken­zeichen.)

Mehr ist dazu nicht zu sagen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

11.01


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Van der Bellen. – Bitte.

 


11.01.57

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Danke, Frau Präsidentin! – Wenn man es verkürzen will, so geht es natürlich um Folgendes: Bei der Einführung des Euro war allen klar, ohne Koordinierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik gehen wir erhebliche Risken ein, um es einmal milde auszudrücken. Diese Risken sind eingetreten im Gefolge der Insolvenz von Lehman Brothers, der Finanz-, der Bankenkrise und dessen, was das für die Staaten bedeutet hat. Nun stehen wir vor der einfachen Alternative: entweder wir ziehen jetzt die Konsequenz, nämlich eine Vertie­fung der Zusammenarbeit in der Wirtschafts- und Finanzpolitik, oder wir lassen das Ganze in die Luft gehen! Ich darf im Namen der Grünen sagen, wir sind dafür, diese Vertiefungsnotwendigkeiten und ‑chancen jetzt wahrzunehmen, die Freiheitlichen


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