Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 293

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Leute nämlich vergessen, was da alles gelaufen ist, und der Staatsbürger hat ein Recht darauf, das zu erfahren. Da möchte ich sagen, dass sich Herr Kollege Scheibner schon vor einigen Jahren zu dem Thema zu Wort gemeldet hat – und das mehr als berechtigt! Leider wurde das von vielen nicht richtig gewürdigt, das muss ich sagen. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

Eines ist auch zu hinterfragen: Wenn dieser Staat auch nicht mehr existiert, wer werkelt dort auf den Spionage-Werkbänken weiter? Wer einmal Spion war, der bleibt Spion, der bleibt auch im Geschäft. Das interessiert vielleicht die Bevölkerung auch, weil der eine oder andere prominente Kopf dort auftaucht. (Oh-Rufe bei der SPÖ.) – Ja, Sie werden gleich wissen, wer! Zum Beispiel ein Ex-Politiker, der gerade damit befasst ist, ein Volksbegehren zu initiieren, war da vor einigen Jahren stark im Gespräch. Oder ein Abgeordneter, der auch hier gesessen ist und heute auch eine hohe Funktion einnimmt. – Und die Ermittlungen wurden, wie so oft in diesem Land, einfach eingestellt.

Es gibt nicht nur den Fall Kampusch, wo einfach zugedeckt, niedergemacht, nicht mehr weiterermittelt wird, weil es die Staatsräson so nicht erlaubt, sage ich einmal. Und das fällt den Bürgern schon auf. Einige Abgeordnete nehmen das dann in die Hand. Kollege Grosz, für dich habe ich noch nicht wirklich viel Lob in diesem Haus übrig gehabt, aber dafür gebührt dir ein Lob, dass du das wieder in die Hand nimmst! (Beifall beim BZÖ in Richtung des Abg. Grosz.)

Immerhin war es ein ehemaliger Wiener Bürgermeister, der bis heute nicht über den Verdacht erhaben ist, für einen tschechischen Geheimdienst tätig gewesen zu sein. Das ist auf einmal abgedreht worden – aber so wunderschön, wie es nur geht! Da sage ich gerade in Richtung SPÖ, die die Wiedergutmachung, die Aufarbeitung der Ver­gangenheit in ganz besonderem Maße im Auge hat (Abg. Dr. Wittmann: Na was jetzt? Was ist das jetzt?): Nehmen Sie heute die Chance wahr, stimmen Sie diesem Antrag zu, und dann haben vielleicht viele politische Häftlinge aus dieser grässlichen kom­munistischen Zeit in der DDR die Chance auf eine Wiedergutmachung, die Ihnen ja angeblich ein großes Anliegen ist! Das würde dem Antragsteller, auf alle Fälle dem Wähler, aber – auf jeden Fall und ganz wichtig – auch der Gerechtigkeit einigermaßen Genüge tun. (Beifall bei der FPÖ.)

Helfen Sie heute nicht wieder mit Ihrer passiven Haltung mit, zuzudecken und abzudrehen. Danke. (Beifall bei FPÖ und BZÖ.)

22.51


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Abgeordneter Kirchgatterer. – Bitte.

 


22.51.53

Abgeordneter Franz Kirchgatterer (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Staatssekretärin! Meine Damen und Herren! Zum Tagesordnungspunkt 21, zum Antrag des BZÖ, ist festzustellen, dass im Zuge der Aufarbeitung der DDR-Spionage gegen die Republik Österreich in 60 Fällen Ermittlungen durchgeführt wurden.

Die Begründung dieses Antrages kann nicht ohne Widerspruch stehen gelassen werden, und wir lehnen den Antrag ab. Sie verkehren die geschichtliche Entwicklung Europas. Sie führen kritisch die Staatsbesuche Österreich – DDR in den Jahren 1987 und 1983 an. (Abg. Grosz: Unseres „heiligen“ Bruno! Abg. Grillitsch: Lernen Sie Geschichte!)

Ich darf Sie informieren – und eigentlich sollten Sie es wirklich selber wissen: Am 1. August 1975 saßen in einer Reihe der amerikanische Präsident Ford, Bundes­kanzler Kreisky, Bundeskanzler Schmidt und Erich Honecker, und auch alle anderen


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