Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll96. Sitzung / Seite 84

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Allerdings muss ich sagen, der Sicherheitsrat hat zwar ausdrücklich die systematische Verletzung der Menschrechte in Libyen verurteilt, er hält sich aber meiner Meinung nach, unserer Meinung nach zu sehr zurück, was jetzt die Gegenmaßnahmen gegen diese verbrecherische Politik von Gaddafi betrifft. Waffenembargo, Reiseverbote für den Gaddafi-Clan, das Einfrieren von Auslandsvermögen, das ist alles richtig und muss auch in Österreich durchgeführt werden – Kollege Pilz wird noch sagen, inwieweit auch Österreich sich an Waffenexporten nach Libyen vielleicht beteiligt hat –, aber ein Punkt ist ausständig: Der Sicherheitsrat konnte sich nicht dazu entschließen, eine Flugver­botszone über Libyen festzulegen.

Das ist unserer Meinung nach eine heikle Geschichte: Wenn Gaddafi mithilfe seiner Luftwaffe nicht nur ausländische Söldner aus Afrika einfliegen lässt, sondern auch zivi­le Ziele bombardiert – mit den entsprechenden Verlusten bei der Zivilbevölkerung –, dann sollte das die Staatengemeinschaft nicht hinnehmen. (Abg. Scheibner: Was soll man machen? Was soll man tun?) Es ist natürlich eine heikle Sache, weil es ein drasti­scher Eingriff in die Souveränität eines Staates ist – keine Frage. Aber es gibt Präze­denzfälle, Herr Scheibner. (Abg. Scheibner: Ja, was soll man tun?) Ich darf Sie daran erinnern, dass in Bosnien seinerzeit ein Flugverbot durch Sicherheitsratsbeschluss er­richtet wurde, das dann von der NATO gegenüber dem Milošević-Regime auch durch­gesetzt wurde. (Abg. Scheibner: Das haben Sie aber schwer kritisiert damals!) Es gab auch im Irak 1991 so etwas, allerdings mit einem fragwürdigen völkerrechtlichen Man­dat.

Wir schlagen daher Folgendes vor, indem wir folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pilz, Van der Bellen, Kolleginnen und Kollegen betreffend Flugver­botszone in Libyen

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Der Bundesminister für europäische und internationale Angelegenheiten wird aufge­fordert, sich in den zuständigen Gremien der Vereinten Nationen für den Schutz der liby­schen Zivilbevölkerung aktiv einzusetzen und dabei insbesondere die Einrichtung einer Flugverbotszone zu fordern, sofern diese rechtlich, politisch und militärisch zweckmä­ßig ist und von den Oppositionskräften im Lande unterstützt wird.“

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Das soll nicht gegen den Willen der Opposition in Libyen, gegen den Willen der soge­nannten revolutionären Kräfte in Bengasi und so weiter stattfinden. Aber die Staaten­gemeinschaft muss ernsthaft prüfen, wie man die Angriffe Gaddafis beziehungsweise seines Militärs auf die Zivilbevölkerung stoppt.

Abschließend, meine Damen und Herren: Viele Beobachter sind an die Situation 1989 in Europa erinnert. Und tatsächlich könnte sich dieser arabische Frühling, wenn wir Glück haben – noch ist nicht klar, wie sich die Dinge entwickeln –, in etwas Ähnliches entwickeln. Europa würde in diesem Fall nicht mehr in dem Dauerkonflikt zwischen dem Wunsch nach Stabilität und der Inkaufnahme autokratischer Regimes und der Verteidigung und der Vertretung europäischer Werte, wie grundlegender Bürger- und Freiheitsrechte, stehen. Das alles können wir uns nur wünschen. – Danke schön. (Bei­fall bei den Grünen.)

11.43


Präsident Fritz Neugebauer: Der eingebrachte Entschließungsantrag wird mit ver­handelt.

 


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