Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll99. Sitzung / Seite 170

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den anderen eingebrockt haben. (Abg. Ursula Haubner: War der Haider Bank­direk­tor?) Aber das tun wir gerne.

Es ist in der Debatte heute eine Reihe von interessanten Fragen gestellt worden. Die wesentliche Frage, glaube ich, die sich da durchzieht, ist die Frage: Was machen Märkte, was macht der Staat, was macht die Politik? Was soll man Märkten überlassen, was soll man dem Staat überlassen? Und: Wo soll der Staat eingreifen, und was soll er machen? – Da gibt es Ideologen, vor allem beim BZÖ, die im Prinzip immer sagen, es soll alles der Markt machen, man soll deregulieren, die Staaten sollen einander auch nicht helfen, sollen nicht eingreifen. – Ich sehe das sehr pragmatisch. Die Frage ist: Womit komme ich zu besseren Ergebnissen? Komme ich zu besseren Ergebnissen, wenn der Markt etwas macht, oder komme ich zu besseren Ergebnissen, wenn etwas der Staat macht oder wenn die Politik eingreift?

Und was bei einer Wirtschaftskrise und in krisenhaften Situationen klar ist, ist, dass ich jedenfalls zu besseren Ergebnissen komme, wenn der Staat eingreift und der Staat auch bewusst Akzente setzt und mitunter auch bewusst Schulden macht, um krisen­hafte Entwicklungen zu verhindern oder deren Auswirkung zu minimieren. (Abg. Ing. Westenthaler: Hoffentlich macht ihr nicht unbewusst auch Schulden! Das wäre ganz schlecht, wenn ihr unbewusste Schulden macht!)

Denn: Sehen wir uns die letzte große Wirtschaftskrise in den Dreißigerjahren an! Da ist das passiert, was das BZÖ heute fordert, nämlich: Zuzuschauen, was passiert, und zu sagen, die Märkte machen das alles (Abg. Mag. Stadler: Das ist ja nicht vergleich­bar! – Da kennst du dich nicht aus!), niemals auf die Idee zu kommen, eine Bank zu retten, weil Banken böse sind. Damals sind hunderte Banken den Bach hinunter­gegangen. Was war realwirtschaftlich das Ergebnis? (Abg. Ing. Westenthaler: Gibt es auch eine unbewusste Rede?) – Jetzt rede ich noch gar nicht davon, was die Auswir­kungen politisch waren, was sie gesellschaftlich waren, sondern nur, was sie für die Wirtschaft bedeutet haben. – Wir hatten in Österreich 500 000 Arbeitslose, und das bei einer deutlich geringeren Bevölkerung, bei deutlich weniger Arbeitsplätzen. Wir hatten eine Massenarmut wie schon lange nicht.

Wenn ich das damit vergleiche, wie heute mit der Krise umgegangen wird: Ja, wir retten Banken. Ja, das tun wir – nicht weil wir die Banken retten wollen, sondern weil wir wissen, dass wir damit schlimmere Auswirkungen auf die Realwirtschaft verhindern. Und ja, wir schauen auch nicht zu, wenn Staaten in Refinanzierungsschwierigkeiten kommen, sondern wir helfen auch hier einander.

Wenn Sie sagen, der Vergleich mit der Feuerversicherung stimmt nicht ganz: Natürlich stimmt es nicht ganz, denn bei einer Feuerversicherung zahlen Sie jedes Jahr eine Prämie, und das Geld ist weg. Hier ist es anders: Hier zahlen wir in fünf Raten etwas ein und quasi dann nichts mehr. Und wenn irgendwann einmal von einem derjenigen, die dabei sind, das Haus abbrennt, dann bekommt er von dort einen Kredit, den er aber zurückzahlen muss. Und das ist natürlich ein Unterschied. Aber ich sage Ihnen trotzdem, das, was man vergleichen kann, ist: Es gibt Bereiche, da zahle ich gerne ein und bin froh, wenn ich nichts herausbekomme! Und genauso, wie ich froh bin, dass ich aus einer Feuerversicherung nichts herausbekomme, bin ich auch froh, wenn Österreich niemals in die Lage kommt, aus dem ESM Geld herauszubekommen.

Wieso, das hat im Prinzip Kollege Van der Bellen Ihnen schon zu erklären versucht – ich weiß nicht, ob Sie es verstanden haben –: weil die Bedingungen, unter denen Sie dann vom ESM Geld bekommen, in Wahrheit eine Entmündigung sind. Damit wird die Demokratie in Wahrheit vielleicht zwar nicht abgeschafft – formal existiert sie nach wie vor –, aber die realen Entscheidungen werden nicht mehr von demokratischen Syste­men, zumindest nicht von solchen innerhalb des jeweiligen Landes, getroffen, sondern


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