Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 24

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länder umfasst hat, eine Katastrophe? War das eine Weichwährungszone? War das eine Zone der Unsicherheit, die die Exporteure benachteiligt hat? War das eine Zone, die in die Armut und in die Verunsicherung der Leute und der Wirtschaft geführt hat? Wohl nicht! Aber eines ist klar: Das jetzige Währungssystem, das jetzige Finanzchaos und die jetzige Schuldenblase, die wir weiter füttern, führen nicht nur in eine Verunsi­cherung der Märkte, der Sparer und der Wirtschaftsteilnehmer, sondern in eine Verun­sicherung der ganzen Welt gegenüber dem Euro und damit auch uns gegenüber. (Bei­fall bei der FPÖ.)

Jetzt ist die Frage, was man tut. Aber bevor man eine Analyse abschließt und sagt, was man tut, muss man ehrlich sagen, wo man ist. Und wir sind nicht in einer Situation, in der Österreich ein Geschäft macht, in der wir Zinsen verdienen, in der wir das beste Geschäft machen, in der wir jetzt hier bei der Diskussion der Euro-Problematik beju­beln können, dass wir 18,5 Millionen Zinsen kassiert haben von jemandem, der sich das Geld ausgeborgt hat, um uns diese Zinsen zu zahlen, und der weiteres Geld be­kommt, damit uns und anderen diese Zinsen gezahlt werden.

Schauen wir uns einmal diesen Staat Griechenland an! – Es gibt ja keine seriöse und ernsthafte Analyse. Das, was selbst vom Finanzministerium zugegeben wird, was auch in den Medien zu finden ist, sind die 145 Prozent Verschuldung Griechenlands, gemes­sen am eigenen Bruttoinlandsprodukt. Aber auch das ist ja nur die halbe Wahrheit. Das wäre schlimm genug und unbewältigbar genug und das allein müsste die Frau Minister leicht erröten lassen, wenn sie vom „guten Geschäft“ spricht, das man aus den Zinsen gewinnt, wenn man weiteres Geld dorthin verborgt. Aber es ist ja noch weit schlimmer!

Wenn die Frau Ministerin einmal die Bilanz der Europäischen Zentralbank öffnen wür­de – ich würde die Bilanz per 31. Dezember 2010 empfehlen –, dann könnte sie dieser die sogenannten Target-Verbindlichkeiten entnehmen. (Abg. Mag. Stadler: Ja!) – Das hat leider nichts mit „Ziel“ zu tun; „Target“ ist leider kein Ziel, das wir ansteuern, son­dern das ist die englische Abkürzung für den automatisierten Echtzeitgeldverkehr zwi­schen den europäischen Zentralbanken, der über die Europäische Zentralbank abgewi­ckelt wird.

In der Bilanz finden Sie zwar nur die Saldenposition, das sind 45 Milliarden, klingt harm­los, aber Sie finden in den Erläuterungen dann, dass allein die sogenannten PIGS- be­ziehungsweise GIPS-Staaten in den letzten drei Jahren 360 Milliarden € von dort ge­borgt haben – und davon knapp 150 Milliarden € allein Griechenland.

Das heißt, wenn Sie zu den bekannten und allgemein kommunizierten Schulden diese 150 Milliarden dazurechnen, dann sind Sie ja nicht bei einer Verschuldung von 145 Pro­zent, sondern in Wirklichkeit bei einer Verschuldung von 220 Prozent des BIP.

Man kann aus Analysen Schlüsse ziehen, wie man will, aber man muss die Fakten auf den Tisch legen. Wenn man den Leuten diese Fakten verheimlicht und von einem „Ge­schäft“ und vom Zinsenkassieren spricht, dann – tut mir leid, ich spreche das Wort nicht aus – hat Herr Kollege Bucher mit seiner Titelgebung vollinhaltlich recht. Danke. (Beifall bei der FPÖ und bei Abgeordneten des BZÖ.)

9.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächste Rednerin: Frau Klubvorsitzende Dr. Gla­wischnig-Piesczek. – Bitte.

 


9.45.40

Abgeordnete Dr. Eva Glawischnig-Piesczek (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Finanz­ministerin! Herr Staatssekretär! Geschätzte KollegInnen Abgeordnete! Ich glaube, es ist jetzt an der Zeit, auch einmal auf eine Tendenz hinzuweisen, die sehr gefährlich ist.

Mittlerweile ist es ja in Mode gekommen – aus meiner Sicht völlig hirnlos –, auf alles, was Europa heißt, einzudreschen. (Abg. Rädler: Bravo!) Das sind wirklich Holzfäller-


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