Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 25

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methoden, jegliche Differenzierungen außer Acht zu lassen und nur noch hinzuhauen, ob das jetzt im Bereich Schengengrenzen ist – 25 000 Flüchtlinge, die Europa so in Auf­ruhr bringen und einige populistische Parteien dazu bewegen, jetzt sofort alle Grenz­balken in Europa wieder runterzulassen – oder hier im Haus, wo wirklich offensichtlich keinerlei wirtschaftspolitische und europapolitische Vernunft mehr vorhanden ist. – Das muss ich in aller Offenheit einmal sagen. Kann man einmal vernünftig über das Thema diskutieren, ohne die Hacke auszupacken? (Beifall bei Grünen, SPÖ und ÖVP. Abg. Dr. Graf: Was war aus der Rede von Hübner polemisch?)

Ich glaube, dass es wichtig ist, wieder einmal einen zentralen Wert in den Mittelpunkt der Debatte zu stellen. Ich glaube nicht, dass es gut ist, dass man, wenn das Haus des Nachbarn brennt, sagt: Das geht mich nichts an, und ich spende schon gar kein Was­ser, um den Brand zu löschen! (Ruf bei der FPÖ: Aber selber anzünden ...!) Also die­ses Konzept: Ich zuerst, Hauptsache, mir geht es gut, und wenn es den anderen schlecht geht, dann geht es mir noch besser!, ist kein europäisches Konzept. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Es gibt den Begriff Solidarität, und diese geht weit über Finanzmarktfragen hinaus. Es gibt so etwas wie eine gemeinsame europäische Idee. Die ist weiterzuentwickeln und zu verbessern, aber es gibt sie, und die möchte ich nicht von Ihnen kaputtgemacht be­kommen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten von SPÖ und ÖVP.)

Zu dieser Idee selbst, zu diesem Thema noch ein paar Worte: Der Rettungsschirm ist in vielerlei Hinsicht nicht hinreichend. Er ist in manchen Punkten mangelhaft, das wis­sen wir. Man kann zu diesem Rettungsschirm allerdings stehen  und wir stehen auch dazu. Er ist eine grundsätzlich sinnvolle Sache. Einige Punkte kommen allerdings viel zu spät: Gläubigerbeteiligung erst ab 2013, das ist jedenfalls problematisch. Grund­sätzlich ist das aber ein Modell, zu dem man stehen kann.

Was allerdings noch fehlt, sind die großen Reformen im Finanzmarktsektor, diese Ver­sprechen, die von vielen Rednerpulten aus, nicht nur in Europa, sondern auch in den USA, gemacht wurden und die jetzt nur ansatzweise angegangen worden sind. Es ist nicht so, dass gar nichts passiert ist. Es hat sich bei der Finanzmarktaufsicht etwas be­wegt, auch bei den Hedge Fonds, aber die Ratingagenturen können nach wie vor ma­chen, was sie wollen. Es ist auch nach wie vor so, dass Banken relativ risikolos Gewin­ne machen können und die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – die europäischen im Übrigen; nicht nur die österreichischen, sondern alle europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler gemeinsam – dann dieses Risiko ausgleichen. Das gilt es zu behe­ben, also den Brand zu löschen – da stehen wir gerne zur Verfügung –, aber auch die Brandursachen ordentlich zu bekämpfen. Das ist der Grundauftrag, den Sie als Bun­desregierung bis jetzt noch viel zu wenig wahrgenommen haben. Ich erinnere an das große Volksbegehren zu Finanzmarktsteuer, Finanztransaktionssteuer. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist unser wichtigstes Ziel: die Frage, wer reguliert hier wen, wer regiert hier wen, wieder umzudrehen. Es schaut wirklich ein bisschen so aus – und da muss man auch Herrn Treichl noch einmal in die Pflicht nehmen –, dass die Banken wirklich in so etwas wie einer Parallelgesellschaft leben. Es hat mit der Lebensrealität und mit unserer Ge­sellschaft mittlerweile wenig zu tun, wenn Aufsichtsratsprämien zu einem Zeitpunkt ein­fach verdoppelt werden, zu dem ganz Europa spart, zu dem in ganz Europa Sparpake­te beschlossen und durchgehalten werden. (Beifall bei den Grünen. Abg. Dr. Hüb­ner: Seien Sie nicht so populistisch, Frau Kollegin!) Nein, das ist eine Frage des Ma­ßes. Die Banken halten nicht Maß, das ist eine Tatsache.

Ich würde ja nichts sagen, wenn Aufsichtsräte, vor allem in Österreich, auch tatsächlich so etwas wie Verantwortung zu tragen hätten. Aber wo war denn die Verantwortung der Aufsichtsräte bei der Hypo Alpe-Adria oder bei der BAWAG? (Abg. Dr. Graf: Oder


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