Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll107. Sitzung / Seite 180

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18.04.33

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bun­desminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Einbeziehung geringfügig Beschäf­tigter in die Arbeitslosenversicherung halte ich nicht für besonders sinnvoll. Entspre­chend der Rechtslage ist es nämlich so, dass im heurigen Jahr jemand, der 374,02 € monatlich oder 28,72 € täglich verdient, geringfügig beschäftigt ist. Er ist unfallversi­chert durch den Arbeitgeber, zahlt natürlich auch keine Sozialversicherungsbeiträge, kann aber mitversichert sein oder sich im Rahmen einer freiwilligen Kranken- und Pen­sionsversicherung monatlich mit einem Betrag von 52,78 € versichern. Eine Selbstver­sicherung in der Arbeitslosenversicherung ist allerdings nicht möglich.

Es ist meiner Ansicht nach nicht einzusehen, dass Personen, die keine Sozialversiche­rungsbeiträge bezahlen, Arbeitslosengeld erhalten. Das würde dem Sozialmissbrauch Tür und Tor öffnen. Wir haben zurzeit zirka 310 000 geringfügig Beschäftigte in Öster­reich. Außerdem nehmen Sie diesen Leuten, die jetzt geringfügig beschäftigt sind und gleichzeitig Arbeitslosengeld beziehen – das gibt es ja auch –, diese Möglichkeit, denn bei einer Einbeziehung in das Sozialversicherungsrecht wäre das nicht mehr möglich. Das ist ein nicht durchdachter Antrag, den Sie hier eingebracht haben und der meiner Meinung nach keinen Sinn macht.

Was die höhere Nettoersatzrate betrifft, da sind wir ungefähr auf derselben Wellenlän­ge, denn im Vergleich mit anderen OECD-Ländern befinden wir uns in Österreich im unteren Drittel, was die Leistung für Arbeitslose betrifft. Allerdings wird bei uns – das muss man auch dazusagen – das Arbeitslosengeld länger ausgezahlt und durch die Not­standshilfe ergänzt.

Grundsätzlich muss natürlich hier Prävention Vorrang haben, und es muss die Arbeits­losigkeit so gering wie möglich gehalten werden. Das muss unser aller Bestreben sein, damit die Bezieher von Arbeitslosengeld und Notstandshilfe nicht in die Armut absin­ken. Wir wissen allerdings, sehr geehrte Damen und Herren, dass auch immer mehr Leute, die arbeiten, der Armutsgrenze immer näher kommen.

Ich habe auch die Beiträge von Kollegin Oberhauser in der Gewerkschaftszeitung zum Thema Working Poor gelesen, was bedeutet, dass Leute trotz Arbeit, trotz Einkommen armutsgefährdet sind. Und das ist natürlich eine Sache, wo man gegensteuern muss. Es geht einmal darum, dass die Leute genug verdienen.

Gerade in den letzten Tagen war die Rede davon, Politiker seien zu blöd und zu feig. Ich sage, manche Wirtschaftskapitäne sind auch zu blöd und zu feig. Sie sollten sich ein Beispiel an Henry Ford nehmen, der gesagt hat: Meine Leute müssen so viel verdie­nen, dass sie sich auch unsere Autos, die sie erzeugen, leisten können. (Beifall beim BZÖ.) – Das ist nämlich genau das, was sein muss: dass die Leute genug verdienen. Je mehr sie verdienen, desto mehr geben sie aus, und das steigert die Kaufkraft und die Inlandsnachfrage in Österreich.

Wenn es ein bisschen eine Krise gibt, dann sollte es nicht heißen, die Mitarbeiter sollen auf ein Viertel ihres Lohnes verzichten. Ich meine, das ist ja hirnrissig. Das hat ein nam­hafter Wirtschaftskapitän in Österreich in der Industriellenvereinigung gesagt. Der hat nicht weiter gedacht. Mit solchen Leuten kann man eigentlich nicht viel anfangen. (Abg. Kopf: Das ist Voodoo-Ökonomie!)

Zu den Freigrenzen bei der Einrechnung des Partnereinkommens: Wir sind auch für ei­ne klare Information in diesem Bereich.

Zu den Bestimmungen für die Berechnung von Ansprüchen der Notstandshilfe: Es darf ganz einfach nicht sein, dass Personen in diesem Bereich benachteiligt werden. Das ist keine Frage. Da sind wir auch einer Meinung.

 


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