Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll112. Sitzung / Seite 65

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Modernes Pluralitätsverständnis sieht auch anders aus. Vielfalt ist die Stärke einer mo­dernen Gesellschaft und keine Bedrohung. Vielfalt ist auch die Stärke der Kärntner Ge­sellschaft. (Beifall bei den Grünen.)

Der Respekt vor Vielfalt beginnt vor allem einmal bei der Wertschätzung der Mutter­sprache. Die Muttersprache ist etwas ganz Besonderes. Das sind die ersten Worte, die wir als Kind hören, die ersten Worte, die wir sprechen, die Sprache, in der wir getröstet werden, als Kind aufgefangen werden, die Sprache, in der wir denken, die Sprache, in der wir träumen, die Sprache, in die wir zurückfallen, wenn wir fluchen, wenn wir schimpfen, wenn man sehr emotional wird. Und das ist wahrscheinlich die Sprache, die aufkommt, bevor man stirbt.

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie auf zwei wunderbare Kommentare von Sibylle Hamann und Doris Knecht verweisen, die diese Wertschätzung der Mutterspra­che, die in Österreich in vielen Fragen fehlt – nicht nur in der Kärntner Diskussion –, in den Mittelpunkt gerückt haben.

Zitieren möchte ich jetzt aus einem Buch von einem Kollegen aus Seeboden; ich bin eine Seebodnerin; dort gibt es nur ganz wenige Kärntner Sloweninnen und Slowenen. Dieses Buch ist von Mirko Bogataj; er ist der Vater eines Schulkollegen von mir. Her­bert Kickl wird sich vielleicht noch daran erinnern. Da geht es um den Brief seiner Tochter an ihn, an den Vater. Die Tochter von Mirko Bogataj war von der Universität Rennes eingeladen, einen Vortrag über die Kärntner Slowenen zu halten. Sie hat das getan, hatte viele Zuhörerinnen und Zuhörer. Anschließend wurde noch viel diskutiert, und da kam die Frage:

„Du sprichst also Slowenisch mit Deinen Eltern?“ Und die Tochter von Mirko Bogataj musste zugeben:

„Nein, meine Mutter kann nicht Slowenisch – und mein Vater hat es mir nicht beige­bracht. In der Gegend Kärntens, wo wir wohnen, gibt es keine Slowenen und auch kei­ne Schulen, wo man die Sprache erlernen hätte können. Ich weiß nicht, ob sich mein Vater jemals für seine Sprache schämte.“

Und sie schließt ab mit: „Wie reich könnten wir sein?!“

Und damit möchte ich auch abschließen: Wie reich hätten wir sein können? Und: Wie reich könnten wir sein?! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

11.09


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner: Herr Klubobmann Bucher. – Bitte.

 


11.10.01

Abgeordneter Josef Bucher (BZÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man über den Ortstafelstreit in Kärnten privat oder öffentlich gesprochen oder diskutiert hat, dann hat man oft Unverständnis und Kopfschütteln geerntet, und man hat das oft mit Nationalismus gleichgesetzt. Ich sage dazu, dass sehr oft außerhalb des Landes Kärnten aus Unkenntnis Vorverurteilungen und vorgefasste Meinungen zustande ge­kommen sind, ohne sich mit der Geschichte des Landes eingehender auseinanderzu­setzen. (Beifall beim BZÖ.)

Eines, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist auch völlig klar: Kaum ein anderes Bundesland Österreichs hatte eine solch leidvolle Geschichte zu ertragen wie unser Land Kärnten. Und kaum ein anderes Land hat so viel Patriotismus, so viel Treue und so viel Glauben an Österreich bewiesen wie das Land Kärnten! (Beifall bei BZÖ und FPÖ.)

Die Geschichte unseres Landes Kärnten ist daher eine ganz besondere: Sie ist geprägt von den Vorkommnissen der letzten Jahrzehnte. Sie ist geprägt von den Menschen,


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