Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll114. Sitzung / Seite 45

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in das österreichische soziale Sicherheitssystem eingebunden sind und auch in der Vergangenheit niemals in das österreichische Sozialsystem eingebunden waren.

Meine Damen und Herren, der junge Mann, dessen Fall ich vorher geschildert habe, wäre nach Ihrem Vorschlag berechtigt, in Österreich Pflegegeld zu beziehen. (Beifall bei der FPÖ. – Abg. Keck: Nur Serbe darf er nicht sein!)

12.18


Präsident Fritz Neugebauer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grüne­wald. – Bitte.

 


12.18.45

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzter Herr Bundesminister! Ich möchte auf die Rede nicht eingehen, aber man soll­te schon überlegen, dass es auch Österreicher gibt, die prügeln, die Drogen nehmen. (Abg. Strache: Ja, genau!) Bevor man hier sozusagen eine Drogendebatte vom Zaun bricht, sollte man wirklich auf Entzug gehen. (Beifall bei Grünen und SPÖ. – Abg. Stra­che: Eine Pflegemisstrauensdebatte!)

Ich kann mich erinnern, als ich – es ist acht oder neun Jahre her – mit einem gewissen Respektabstand zu den schlimmen Ereignissen in Lainz das dortige Geriatriezentrum besucht habe. Ich habe mir dafür einen halben Tag Zeit genommen. Ich bin dann in ein Vierbettzimmer, glaube ich, mit drei Damen gekommen, Durchschnittsalter deutlich über 80. Sie begrüßten mich ganz euphorisch und fragten mich: Bist du der Neue? Bleibst du bei uns? – Das hat eine gewisse Betroffenheit bei mir ausgelöst, aber eine heitere.

Jetzt möchte ich aber zum ernsten Teil der Pflege kommen: Jährlich sterben zirka 80 000 Menschen, davon zwei Drittel in Alters- und Pflegeheimen und Krankenhäu­sern. Vor diesem Sterben gibt es auch noch Jahre, Monate oder Wochen. Diese Zeit sollten wir uns anschauen. Wie schaut es da aus? Ich glaube, nur wenn wir von diesen Zahlen wegkommen und die Betroffenheit, die Sorge, die Ängste und auch die Wün­sche dieser Leute anschauen, können wir entscheiden, ob es einen Notstand in der Pflege gibt, wie groß er ist und was zu tun ist. Darauf lege ich ganz besonderen Wert, und da schaut es nicht so gut aus. Es gibt nämlich keine ausreichenden Sozialleistun­gen für Familien, in denen ein zu Pflegender oder eine zu Pflegende lebt. Das Armuts­risiko steigt sprunghaft um 20 Prozent, und das ist nicht wenig. Dazu gibt es Studien.

Ich verkenne den Fortschritt nicht. Das war heute ein guter und großer Schritt. Auch ich gratuliere dem Minister und allen daran Beteiligten. Trotzdem möchte ich festhalten – und ich rede nicht über etwas, was ich nicht gesehen habe –, dass es elementare Be­treuungs- und Finanzierungslücken in der Pflege gibt. Die sind so elementar, dass die Betroffenen sie spüren. Der Bund, die Länder und die Gemeinden spüren sie auch. Ich meine, es ist Handlungsbedarf da und es ist eilig. Es ist verdammt eilig.

Schauen wir uns nur das durchschnittliche Pflegegeld an: Von diesem durchschnittli­chen Pflegegeld können sich Betroffene eine Stunde Betreuung pro Tag oder vier Stunden diplomierte Pflegebetreuung in der Woche leisten. Dann ist das durchschnitt­liche Pflegegeld weg. Ich habe mir ausgerechnet, dass mit dem gemittelten Pflegegeld und der dazu addierten durchschnittlichen Pension den zu Betreuenden ungefähr 1 500 € zur Verfügung stehen. Das sind 50 € am Tag. Was bleibt denen, wenn nur zwölf Stunden Pflege pro Woche notwendig sind? – Null! Sie sind im Minus. Das ist die Realität.

Das heißt: Wir brauchen einen Pflegefonds – nicht irgendwann, sondern bald. Er muss aber auch ausreichend unterstützt beziehungsweise gefüllt sein. Da sind die Grünen, im Gegensatz zu einer anderen Partei, eine Ja-Sager-Partei – ja zum Pflegefonds und


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