Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll118. Sitzung / Seite 73

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eingebracht in der 118. Sitzung des Nationalrates am 21. September 2011, XXIV. GP, im Zuge der Debatte über den Tagesordnungspunkt 1, Bericht des Familien­aus­schusses über den Sechsten Bericht des Bundesministers für Wirtschaft, Familie und Jugend zur Lage der Jugend in Österreich (III-248/1269 d.B.)

Befragungen von Jugendlichen und auch jüngst der Jugendmonitor zeigen, dass die Familie die wichtigste Lebenswelt von Jugendlichen darstellt. Darum ist die staatliche Verpflichtung hervorzuheben, Familien so zu stellen, dass eine ausreichende finan­zielle Grundversorgung vorhanden ist. Dies ist angesichts der steuerrechtlichen Regelungen vor allem beim österreichischen Mittelstand nicht gegeben. Die Familien­beihilfe und der Kinderabsetzbetrag stellten nämlich nicht einmal die auf dem Unterhalt liegende Steuerbelastung frei. Von Familienförderung kann in Österreich bei erwerbs­tätigen Steuerpflichtigen daher keine Rede sein.

Im derzeitigen Steuerrecht besteht eine Benachteiligung von Familien mit Kindern bei der Bemessung der Lohn- und Einkommensteuer. Da die finanzielle Lage eines Steuerzahlers nicht nur von seinem Einkommen sondern auch von seinen Unterhaltsverpflichtungen abhängt, ist das jetzige System der Individualbesteuerung eine grobe Verletzung des Prinzips Besteuerung nach Leistungsfähigkeit. Ein pro­gressiver Steuertarif muss daher, um offensichtliche Ungerechtigkeiten zu vermeiden, so angewandt werden, dass Familien in gleicher wirtschaftlicher Lage, d.h. Familien, die sich annähernd den gleichen Lebensstandard leisten können, unabhängig von der Haushaltsgröße den gleichen Prozentsatz ihres Einkommens als Steuer abführen. Eine grundsätzliche Lösung dieses Problems bietet eine Haushaltsbesteuerung nach dem sog. gewichteten Pro-Kopf-Einkommen, wie dies seit Jahrzehnten z.B. in Frankreich mit dem dortigen Splittingmodell bei der Einkommensteuer verwirklicht ist.

Grob gesprochen berücksichtigt das Konzept des gewichteten Pro-Kopf-Einkommens die Tatsache, dass der finanzielle Aufwand zur Erhaltung eines gewissen Lebens­standards zwar mit der Anzahl der Personen zunimmt, aber schwächer als propor­tional. Ein Alleinstehender kann etwa so „gut“ leben wie eine vierköpfige Familie mit dem 2 bis 3-fachen Einkommen. Praktisch wird das gewichtete Pro-Kopf-Einkommen ermittelt, indem jedem Familienmitglied ein Gewichtsfaktor der kleiner oder höchstens eins ist, zugeordnet wird und das gesamte Familieneinkommen durch die Summe dieser Gewichtsfaktoren dividiert wird.

Das Familiensplitting soll Familien ermöglichen, wahlweise zur weiterhin möglichen Individualbesteuerung, eine Besteuerung des Familieneinkommens nach ihrem gewichteten Pro-Kopf-Einkommen in Anspruch zu nehmen, was sicherstellt, dass sie etwa gleich besteuert werden wie Alleinstehende gleicher finanzieller Leistungsfähig­keit.

Die Familienbeihilfe und das Kinderbetreuungsgeld sind, wie auch aus den Diskus­sionen bei ihrer Einführung hervorgeht, eine (sehr unvollständige Abgeltung) der Leistungen, die alle Eltern mit dem Aufziehen der Kinder für die Allgemeinheit erbrin­gen und kein Ausgleich für die steuerliche Benachteiligung von Familien. Sie sind daher im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Problem der Herstellung einer horizontalen Steuergerechtigkeit nicht zu berücksichtigen.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

 


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