Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll118. Sitzung / Seite 125

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Finanzminister DI Josef Pröll hat zu Beginn der Griechenlandkrise, unter dem Hinweis auf zu erwartende Zinszahlungen seitens Griechenlands, den Österreicherinnen und Österreichern versprochen, dass am Ende die vergebenen Kredite ein Geschäft für Österreich sein würden.

Diese dreiste Behauptung ist mittlerweile ebenso wie Vizekanzler und Finanzminister Pröll Geschichte.

In der Sitzung vom 15. Juni 2011 haben Sie, Frau Bundesminister, davon gesprochen, dass Griechenland einen deutlichen Primärüberschuss im Staatshaushalt erreicht und seine Verpflichtungen erfüllen kann. Weiters führten Sie aus, dass Sie Griechenland nur dann Geld borgen, wenn sichergestellt ist, dass das Geld auch zurück bezahlt wird.

Heute, am 21. September 2011, ist klar, dass die Griechen keinen Primärüberschuss erreichen und auch die Bedingungen für weitere Zahlungen aus dem Euroschutzschirm nicht erfüllen. Griechenland ist nicht einmal annähernd in der Lage, das angestrebte Defizitziel zu erreichen. Für 2010 waren 8,1 % des BIP bei der Neuverschuldung ange­strebt, tatsächlich sind es 10,5 % geworden, 2011 werden es 9,5 % werden. Diese Zahlen belegen das Scheitern des Rettungsplans der Europäischen Union. Griechen­land geht es immer schlechter, die Pleite wird immer wahrscheinlicher und damit die Rückzahlung illusorisch. Wir haben nicht nur genug, sondern auch umsonst gezahlt!

Mittlerweile ist Österreich Kreditverpflichtungen im Ausmaß von 4,3 Mrd. Euro eingegangen und hat überdies Haftungen im Ausmaß von 21,6 Mrd. Euro zuzüglich Zinsen übernommen. Das heißt, diese Bundesregierung hat jeder Österreicherin und jedem Österreichern rund 3.500 Euro an weiteren Schulden eingebrockt - zusätzlich zu den 30.000 Euro, die schon heute auf jeden entfallen.

Gleichzeitig wird die Regierung nicht müde, den Euro als Erfolgsprojekt zu verkaufen, dem Österreich seine wirtschaftliche Prosperität zu verdanken habe. Kritische Stimmen werden durch de facto Maulkorberlässe und Denkverbote unter Hinweis auf nervöse Finanzmärkte unterdrückt. Sie selbst sprechen in diesem Zusammenhang gerne von "kleinkariert" und "engstirnig".

Ihre Vorgangsweise, im Rahmen des EFSF Zahlungsverpflichtungen und Haftungen in zweistelligen Milliardenbeträgen in Form eines privatrechtlichen Vertrags einzugehen, halten Sie wahrscheinlich für "großkariert" und "weitstirnig", demokratisch ist sie aber nicht. Bis heute haben Sie den Parlamentariern keine konsolidierte Fassung des geltenden Vertrags vorgelegt. Das Parlament als gewählte Volksvertretung ist ausge­schalten worden, Sie verhandeln hinter verschlossenen Türen und verteilen Blanko­schecks in Milliardenhöhe ohne Zustimmung des Parlaments und der Österreicherin­nen und Österreicher. Das erst gestern in aller Hast übermittelte Papier mit Änderungsvorschlägen kann die vollständige Vorlage der Vertragsgrundlagen des EFSF an den Nationalrat und deren Beschlussfassung nicht ersetzen.

Während Sie in der Öffentlichkeit eine heile Finanzwelt vorgaukeln, wird offensichtlich im Finanzministerium bereits an worst-case-Szenarien gearbeitet, wie folgender Artikel in der Tageszeitung "Die Presse" am 13. September 2011 zeigt:

"Der von zahlreichen Experten befürchtete Staatsbankrott Griechenlands würde Öster­reichs Volkswirtschaft 40 Milliarden Euro kosten. Das ist eine Schätzung des Finanzministeriums. "Wir haben bereits zu Beginn der Krise die Szenarien durch­gerechnet", so ein Sprecher des Ministeriums gegenüber der "Presse". Damit sei schon damals klar gewesen, dass eine Teilnahme am Hilfspaket deutlich günstiger sei."

Allerdings offensichtlich immer noch mit dem Ziel, das wahre Ausmaß der Krise des Euro und des europäischen Finanzsystems zu kaschieren. Noch im Juni haben Sie


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