Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll118. Sitzung / Seite 147

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Ich spreche niemanden im Einzelnen an. Jeder, der sich angesprochen fühlt, soll sich angesprochen fühlen, Herr Kollege Strache, weil Sie mich so anschauen. (Abg. Strache: Sie sich selbst!) Sie fühlen sich offenbar angesprochen. (Abg. Strache: Sie sich selbst!) Okay, Sie fühlen sich angesprochen. (Abg. Strache: Sie sind die, die den Schaden verdoppeln und verdreifachen!)

Bleiben wir bei den Fakten! – Herr Kollege Bucher, seit März gab es kaum eine Sitzung des Plenums, in der Sie nicht das Gleiche gesagt haben: „Genug gezahlt!“ Für die Griechen habt ihr Geld, für uns habt ihr kein Geld! (Abg. Strache: Das ist auch richtig!) – Diesen Populismus haben wir jedes Mal gehört. Ich würde mir aber erwarten, dass es in solch einer ernsten Situation eher zu einem nationalen Schulterschluss kommt, dass wir zusammenhalten. In diesem Sinne appelliere ich an Sie. (Abg. Strache: Welche Solidarität leben Sie? Die mit den Tätern, oder was?)

Herr Kollege Strache, auch Sie haben es natürlich relativ leicht, Sie haben es aus zwei Gründen relativ leicht. Erstens – ich habe das schon einmal gesagt –: Sie haben es deshalb leicht, weil – und das ist ein Mangel – die Europäische Union keine kluge Kommunikationsstrategie hat. Ich habe erst vorgestern bei der Sitzung der Finanz­ausschussobleute in Warschau gesagt, die Europäische Union hat keine Kommuni­kationsstrategie, um den Menschen zu erklären, was da eigentlich vorgeht. (Abg. Kickl: Das hat sie mit der ÖVP gemeinsam!) Daher haben die Populisten vielleicht den Vorteil, mit einfachen Sprüchen am Stammtisch zunächst einmal ein paar Punkte zu kassieren. (Abg. Kickl: Die ersten Populisten sind die, die das alles schönreden!)

Das Zweite ist, dass sich jeder leichttut, der keine Verantwortung trägt. Kollege Matznetter hat es gesagt. Wer von Ihnen, die heute so klug sind, hätte vorausgesagt, dass die Pleite von Lehman Brothers eine globale Finanzkrise auslöst?

Wenn man jetzt so leichthin sagt, Griechenland soll aus der Euro-Zone austreten, soll pleitegehen (Abg. Strache: 2 Prozent des europäischen BIP!), dann gilt das, was Andreas Koller in den „Salzburger Nachrichten“ unlängst geschrieben hat: Das ist politisches Roulette, meine Damen und Herren! Und dafür stehen wir nicht zur Verfügung. (Beifall bei der ÖVP.)

Niemand, Herr Kollege Strache, kann exakt voraussagen, wie groß ein Flächenbrand ist, niemand kann die Dominoeffekte voraussagen. Aber alle Experten in Europa, Nationalökonomen, regierungsnahe Experten, Wissenschaftler, Wirtschaftsforscher, berechnen derzeit nur eines – und das ist auch für uns der Maßstab –: Was ist für unsere Steuerzahler die am wenigsten schmerzhafte Variante? (Abg. Bucher: „Das ist ein Geschäft!“) – Herr Kollege Bucher! Ich habe hier vom Rednerpult aus wiederholt gesagt, jeder Kredit ist Chance und Risiko zugleich. Ein Kredit bietet die Chance, durch die Zinsen einen Gewinn zu erzielen, birgt aber das Risiko, dass er nicht zurückbezahlt wird. Das ist bei jedem Kredit so, das ist nicht nur bei Griechenland so. Jeder Kredit bedeutet Chance und Risiko zugleich. Also hören Sie auf mit dieser Polemik, dass irgendjemand gesagt hätte, dass das ein Riesengeschäft sei! (Abg. Bucher: Du hast selbst applaudiert!)

Meine Damen und Herren, das einzige Kriterium für uns, die wir Verantwortung tragen, ist – noch einmal –: Es muss für den Steuerzahler die am wenigsten schmerzhafte Lösung sein. Und alle Szenarien, die wir bis jetzt haben, weisen darauf hin, dass es keinen sanften Ausstieg aus dem Euro gibt. Einen solchen gibt es nicht, meine Damen und Herren! Alle Experten sagen das. Die Dominoeffekte und der Flächenbrand, die ausgelöst würden, würden, glaube ich, ein Vielfaches der globalen Finanzkrise ausmachen. Lehman Brothers allein hat eine globale Finanzkrise ausgelöst. – Da glauben Sie, ein Austritt, ein Zerfall der Eurozone sei so mir nichts dir nichts zu bewältigen?!

 


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