Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll118. Sitzung / Seite 152

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Oder: Die Europäische Kommission ist durchaus bereit, bei den Strukturfonds Griechenland jetzt bevorzugt unter die Arme zu greifen, aber die administrativen Strukturen – so hat es uns die Kommission gestern und vorgestern überzeugend dargestellt, als der Grüne Klub in Brüssel war – in Griechenland sind einfach nicht so, dass die Griechen diese Milliarden überhaupt sinnvoll verwalten können. Also das sind sehr tiefgehende Probleme.

Was ich damit nicht meine, ausdrücklich nicht meine, ist der Austritt Griechenlands aus der Eurozone. Das halte ich für eine Schnapsidee – aus verschiedenen Gründen. Ich halte es überhaupt für eine Schnapsidee, jetzt zu propagieren, dass die Welt genesen wird, wenn wir einen Nord-Euro und einen Süd-Euro und einen West-Euro und einen Ost-Euro und einen Kärntner Euro und einen burgenländischen Euro haben werden. Wenn das Ihr Rezept ist, wenn dies das Rezept einer ehemals selbst­definierten Wirtschaftspartei ist, dann sage ich nur: Gute Nacht! (Abg. Petzner: Haben Sie nicht richtig zugehört? – Abg. Dr. Graf: Das hat keiner gesagt!) Schauen Sie sich einmal an, was das bedeuten würde!

Griechenland ist insolvent und sollte einen entsprechenden Schuldenschnitt erhalten. Ich verkenne nicht die Schwierigkeiten. Ich sage das auch ganz realistisch. Das heißt selbstverständlich im zweiten Schritt, dass wir ein Auge darauf haben müssen: Welche Banken sind wie davon betroffen? Das bleibt uns nicht erspart.

Und wir werden wieder die gleiche Debatte haben wie 2008, aber diesmal hoffentlich auf einer guten Informationsbasis. Welche Banken sind dort gefährdet? Welche französischen Banken haben welche Anteile an griechischen Banken, die natürlich die gefährdetsten in dieser Situation sind? Wie gehen wir mit den griechischen Anleihen um, die in der Europäischen Zentralbank geparkt sind? Und, und, und. Das sind alles wichtige Fragen, sollen uns aber nicht davon abhalten, realistisch zu sagen: Jawohl, Griechenland ist insolvent. Ziehen wir die Konsequenz daraus! Aber, noch einmal: Griechenland bleibt Mitglied der Eurozone.

Drittens: Wachstum. Solange das Wachstum in Griechenland, aber auch anderswo nicht anzieht, ist die Verschuldungskrise nicht zu bewältigen. Das hängt ganz schlicht mit dem Verhältnis zwischen den nominellen Zinsen und den nominellen Wachs­tumsraten zusammen. Hier haben wir ein Problem ersten Ranges. In Griechenland sieht man es nur besonders deutlich.

Das heißt, wir in Österreich und in den anderen EU-Ländern müssten sagen: Budget­konsolidierung ja, ist richtig und wichtig, aber innerhalb des Budgets, innerhalb der Ausgabenstruktur, innerhalb der Steuerstruktur müssen wir jede Möglichkeit nutzen, das wirtschaftliche Wachstum zu befördern. Sonst kommen wir aus dieser Misere nicht heraus.

Und derzeit ist die ganze Union zu sehr fixiert auf die Frage Defizitreduktion, austerity, austerity, austerity. Das allein, meine Damen und Herren, wird uns nicht weiterbringen. (Beifall bei den Grünen.)

Viertens: Wir brauchen für die Zeit – für die Zeit danach, hätte ich fast gesagt –, 2012 spätestens brauchen wir eine Art Feuerwall gegen spekulative Entwicklungen, wie wir sie in Griechenland gesehen haben. Wir müssen uns doch darüber im Klaren sein, dass jedes kleine Land in der Union, im Falle des Falles auch Österreich, hier Ent­wicklungen ausgesetzt ist, die es allein nicht beherrschen kann, sondern die Finanz­märkte imstande sind, selbsterfüllende Prophezeiungen zu erzeugen. Mir fehlt jetzt hier die Zeit, darauf einzugehen.

Aber das ist für mich eines der wichtigsten Argumente, für die Einführung sogenannter Eurobonds zu plädieren, die einen Markt schaffen würden, der dem amerikanischen an


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